Wenn eine Frau in der Männerdomäne Motorsport überrascht - sprich Erfolge einfährt - dann wird die komplette Szene auf sie aufmerksam. Mikaela Ahlin-Kottulinsky ist so ein Beispiel. 2014 startete die Schwedin im Volkswagen Scirocco R-Cup, gewann das Rennen auf dem Norisring und sorgte damit für den ersten und auch letzten Sieg einer Rennfahrerin in dem Markenpokal, der im gleichen Jahr nach fünf Saisons eingestellt wurde. In der Nachfolgerserie, dem Audi Sport TT Cup, nahm Ahlin-Kottulinsky 2015 ebenfalls teil - und überzeugte abermals. Zwar gelang der Enkelin von Rallye-Dakar-Sieger Freddy Kottulinsky kein Sieg, aber mit einem Podestplatz und zwei schnellsten Rennrunden empfahl sie sich für höhere Aufgaben.
Eine solche nimmt sie nun 2016 in Angriff. Das Team Aust Motorsport debütiert in dieser Saison im ADAC GT Masters und verpflichtete Ahlin-Kottulinsky als Pilotin. Sie teilt sich einen von zwei neuen Audi R8 LMS mit dem erfahrenen Italiener Marco Bonanomi. "Ich hatte schon 2014 Kontakt zu Aust Motorsport", berichtet Ahlin-Kottulinsky über das Zustandekommen der Zusammenarbeit. "Das Team hatte mir angeboten, 2015 im Porsche Carrera Cup Deutschland zu fahren. Aber ich habe gesagt, dass ich unbedingt Audi fahren möchte. So bin ich erst einmal in den Audi Sport TT Cup gewechselt und parallel entstand die Idee, dass ich ab 2016 im ADAC GT Masters für Aust in einem R8 LMS fahren könnte. Ende des Jahres war es dann fix."
Neben Rahel Frey ist Ahlin-Kottulinsky die einzige Frau im mehr als 60 Teilnehmer umfassenden Starterfeld in der "Liga der Supersportwagen". Allein unter Männern - wie fühlt sich das an? "Ich bin daran gewöhnt. Auch im Volkswagen Scirocco R-Cup und im Audi Sport TT Cup waren die Männer immer in der Überzahl. Mit Rahel (Frey) pflege ich guten Kontakt. Als ich bei der Audi driving experience zum ersten Mal den Audi R8 LMS gefahren bin, hat sie mir geholfen."
Nach vier von 14 Rennen in der laufenden ADAC GT Masters-Saison warten Ahlin-Kottulinsky/Bonanomi noch auf die ersten Punkte. Als bestes Resultat schlägt bisher ein 17. Platz aus dem zweiten Rennen in Oschersleben zu Buche. Kein Grund für Ahlin-Kottulinsky, nervös zu werden: "Ich bin in den Markenpokalen jahrelang frontgetriebene Fahrzeuge gefahren, der Audi hat nun Heckantrieb. Das ist nur einer von vielen großen Unterschieden. Ich lerne in jeder Session dazu. Stress mache ich mir überhaupt nicht, da das Projekt auf drei Jahre angelegt ist. 2016 ist die Saison, in der ich lernen werde - mit dem Team, über das Auto, über die Serie. Ich bin überzeugt davon, dass wir bald Zählbares einfahren werden."