Großes Starterfeld, atemberaubende Supersportwagen und spannende Rennen: Das ADAC GT Masters weiß mit vielen positiven Attributen zu überzeugen. Eines der spannendsten Elemente ist der Pflichtboxenstopp mit Fahrerwechsel, der zwischen der 25. und 35. Runde absolviert werden muss. Nicht selten wird das Feld in dieser Phase durcheinandergewirbelt, denn der Pflichtstopp hält einige Tücken bereit.
Laut Reglement ist eine Mindestdauer des Boxenstopps – für gewöhnlich 65 Sekunden – vorgeschrieben. Die Länge des Pflichtboxenstopps definiert sich dabei an der Länge der Boxengasse. Linien an der Boxeneinfahrt sowie an der Boxenausfahrt markieren den Beginn und das Ende der Zeitmessung. Passiert der Fahrer die erste Linie, beginnt die Zeit zu laufen. Ist der gesamte Vorgang beim Passieren der zweiten Linie zu kurz geraten, setzt es eine empfindliche Strafe: Wer zu kurz stoppt, muss zum "Nachsitzen" nachmals an die Box. Die Rennleitung überwacht das Einhalten der Mindestdauer aller Autos.
Die Fahrer und die Teams müssen die Zeit dagegen selbst im Blick haben. Mitnichten läuft im Auto oder am Kommandostand ein automatischer Countdown herunter, an dem man sich orientieren könnte. Es wird handgestoppt. "In unserer Corvette haben wir am Lenkrad einen Knopf, mit dem wir den Countdown starten, sobald wir die erste Linie passieren", erklärt Callaway-Pilot Dominik Schwager. "Dann absolvieren wir ganz normal unseren Boxenstopp: Tür auf, abschnallen, erster Fahrer raus, zweiter Fahrer rein, anschnallen. Man hilft sich gegenseitig. Das Ganze geht bei guter Übung ziemlich schnell. Würden wir sofort wieder losfahren, würden wir die Mindestdauer unterschreiten. Also harrt man der Dinge. Zu Beginn eines Wochenendes misst man als Team die Zeit, die man unter Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit in der Boxengasse von der eigenen Standposition bis zur zweiten Linie braucht – sagen wir mal 15 Sekunden. Man versucht also, kurz nachdem der Countdown die 15 angezeigt hat, loszufahren und so möglichst ganz knapp mehr als 65 Sekunden für die komplette Prozedur zu brauchen."
In der Regel unterschreiten die Fahrzeuge die Mindestdauer nicht. Es gibt aber Ausnahmen. Wie zum Beispiel bei Patrick Assenheimer, Teamkollege von Dominik Schwager, der im zweiten Rennen des zweiten Rennwochenendes am Sachsenring eine Durchfahrtsstrafe wegen Unterschreitung der Mindestdauer kassiert hat. "Lieber ist man eine Sekunde drüber als eine Zehntelsekunde drunter", so Schwager. "Eine Durchfahrtsstrafe ruiniert einem natürlich das komplette Rennen."
Déja-vu für Schwager/Assenheimer beim dritten Rennwochenende am Lausitzring: erneut Schwierigkeiten beim Boxenstoppzeitmanagement. Schwager: "Patrick hatte den Countdown bei der Fahrt in die Boxengasse gestartet, ich habe das Steuer übernommen, stand zur Abfahrt bereit. Zusätzlich zur Uhr im Cockpit stoppt auch immer unser Ingenieur die Zeit. Er zählte über Funk herunter: neun … acht … sieben – sein Countdown stimmte aber nicht mit dem Countdown in unserem Auto überein. Und im Zweifel höre ich auf den Ingenieur. Hinterher kam heraus, dass er sich leider vertan hatte. Dadurch haben wir einen Platz im Rennen verloren. Das darf natürlich nicht passieren, aber wir sind alle nur Menschen."