Aidan Read führt mit seinen erst 20 Lenzen ein imposantes "Pendlerleben". Der Serienneuling im ADAC GT Masters aus Perth (Westaustralien) reist für die Rennwochenenden einmal um die halbe Welt. Gute 14.000 Kilometer legt er zurück, um im Mercedes-AMG GT3 des Pfälzer Rennstalls Schütz Motorsport zu sitzen. Dass er dabei auf den europäischen Rennstrecken auf Anhieb so erfolgreich unterwegs ist - mit seinem Partner Marvin Dienst führt er die Pirelli-Junior-Wertung mit 8,5 Punkten Vorsprung an -, stellt schon eine kleine Überraschung dar. "Wir sind sehr zufrieden mit der bisherigen Saison. Unser Ziel ist es, konstant Punkte zu sammeln. Ich persönlich möchte auch unbedingt die Junior-Wertung gewinnen", sagt Aidan Read. Dementsprechend zählt er logischerweise die beiden Junior-Podien in Oschersleben und in Most zu seinen bisherigen Saisonhighlights.
Gleich in seinem ersten Rennen bekam der Debütant zu spüren, was es heißt, in der "Liga der Supersportwagen" mitzufahren. Von der Pole-Position gestartet, pilotierte Aidan Read den Mercedes als Führender durch die Motorsport Arena Oschersleben. Von hinten drückte die Weltelite im GT-Bereich. Letztlich brachte er den Boliden nach einem kräftigen Regenguss sicher als Fünfter ins Ziel. Das bislang beste Ergebnis in seiner Premierensaison. Nach sechs Rennen zieht er nun ein Zwischenfazit.
"Das ADAC GT Masters ist die wettbewerbsfähigste Serie, in der ich je gefahren bin. Genau deswegen wollte ich hier dabei sein. Meine Erwartungen haben sich voll erfüllt. Ich konnte jetzt schon viele wichtige Erfahrungen sammeln. In den bisherigen Rennen habe ich mehr Herausforderungen erlebt als je zuvor. Es hat etwas gedauert, bis ich mich auf die besondere Komplexität der Strecken und die unterschiedlichen Wetterbedingungen eingestellt habe. Das alles ist aber sehr positiv für meine weitere Entwicklung. Zudem mag ich die Atmosphäre rund um den Motorsport hier in Europa. Es macht großen Spaß, hier zu fahren", so der junge Rennfahrer, der auch schon einen LMP2-Sieg in der Asian Le Mans Series in seiner Rennsport-Vita verzeichnen kann - gleich bei seinem Startdebüt mit 17 Jahren. Zuletzt startete er in der Blancpain GT Series Asia. Dort lernte er auch seinen jetzigen Teamchef Christian Schütz kennen, der in der Serie als sein Renningenieur arbeitete.
Aidan Read ist froh, den Schritt nach Europa gewagt zu haben: "Schütz Motorsport ist ein erfahrenes und sehr ambitioniertes Team, das gute Ergebnisse im GT Masters erzielen möchte. Ich habe viel von Christian und seiner Arbeitsweise gelernt und verstehe mich gut mit allen Teammitgliedern. Vor allem auch mit meinem Teamkollegen Marvin Dienst. Ich denke, es ist das richtige Team für mich und wir werden uns weiter verbessern."
Dafür nimmt Aidan Read einige Strapazen in Kauf. Ein Rennwochenende beginnt für ihn schon am Montagabend, wenn er von Perth mit Zwischenstopp in Doha nach Frankfurt fliegt. Direkt davor büffelt der Maschinenbau-Student aber noch an der Uni. Das Studium ist ihm neben seiner Rennfahrerkarriere wichtig. Als angehender Ingenieur will er nämlich nicht nur etwas vom Fahren verstehen: "Alles, was mit Fahrzeugtechnik im Rennsport zu tun hat, interessiert mich leidenschaftlich."
Angekommen in Deutschland sind die vielen Stunden im Flieger schnell vergessen: "Sobald ich auf der Strecke bin, spielt die Anreise keine Rolle mehr. Dann zählt nur noch Leistung." Trainiert wird zu Hause in Perth vornehmlich im Simulator. Read ist fit. Bevor er den Rennsport für sich entdeckte, war er auf nationaler Ebene in Australien ein sehr erfolgreicher Turner. Erst als sein Vater ein gebrauchtes Gokart zu Hause anschleppte, war es um den kleinen Aidan geschehen. Sein Herz war an den Motorsport verloren. Dank eines speziellen Athletenstipendiums an der University of Western Australia kann Read Prüfungen, die er durch Rennen verpasst, nachholen.
Jetzt hat die Uni aber erst mal Pause. Die letzte Prüfung fürs Semester ist absolviert. Aidan Read kann sich voll und ganz auf den nächsten Einsatz im ADAC GT Masters vom 9. bis zum 11. August auf dem Dünenkurs im niederländischen Zandvoort konzentrieren. Den Zwischenstopp vorher in Deutschland nimmt er dabei übrigens gerne in Kauf: "Ich liebe deutsches Essen, bin ein großer Fan von Fleisch, Brot und Bier."