ADAC GT Masters·16.12.2022

Garagengeflüster: 20.000 Schritte für die Fans

Tobias Schimon ist die Stimme des Fan-TV im ADAC GT Masters. Der 37-Jährige ist seit fünf Jahren hautnah in der Deutschen GT-Meisterschaft dabei und geht für die Zuschauer auf die Jagd nach Gesprächspartnern. Wie ein Arbeitstag an der Rennstrecke aussieht und welcher Reporter sein großes Vorbild ist, verrät der Wahl-Münchener im Interview.

Unterwegs im Auftrag der Fans: Mattia Drudi stellt sich den Fragen von Tobias Schimon © Foto: ADAC

Wie sind Sie zum Motorsport gekommen?

Ich bin in Nürnberg geboren und mit dem Norisring vor der Haustür aufgewachsen. Durch ein Praktikum bei einem TV-Sender bin ich im Motorsport gelandet. In verschiedenen Serien wie der MotoGP oder auch der damaligen Formel 3 konnte ich erste Erfahrungen sammeln und bin in die Welt des Racings eingetaucht. Ich wollte schon immer zum Fernsehen. Das war mir bereits klar, als ich noch nicht laufen konnte.

Was sind Ihre Aufgaben?

An der Rennstrecke bin ich für die Unterhaltung der Fans zuständig und moderiere seit 2018 das Fan-TV im ADAC GT Masters. Ich möchte den Fans das Geschehen auf der Strecke, aber auch in der Boxengasse näherbringen und letztlich Emotionen transportieren.

Wie bereiten Sie sich auf ein Rennwochenende vor?

Vor allem lese ich viele Nachrichten in den Motorsport-Portalen sowie der Website des ADAC GT Masters. Diese ist eine sehr gute Adresse und Informationsquelle für mich. Außerdem checke ich auch die Social-Media-Kanäle der Fahrer und Teams. Allerdings versuche ich eine ausgewogene Mischung bei meiner Moderation: Im Fan-TV wollen wir die Zuschauer nicht mit Informationen überschütten, sondern auch für Entertainment sorgen.

Wie sieht ein klassischer Tagesablauf an der Rennstrecke aus?

Eine Stunde vor dem Qualifying treffe ich an der Strecke ein. Der Tag beginnt mit einer Besprechung innerhalb der Regie und mit dem Ablauf-Redakteur. Anschließend gehe ich mit dem Kameramann in die Boxengasse und begrüße die Fans auf den Tribünen. Für die Zuschauer fasse ich den Tagesablauf zusammen und kündige auch die Fanaktionen wie beispielsweise den Pit Walk oder Autogrammstunden an. Nach der Qualifikation begleite ich den Pole-Setter zum Pirelli Pole Position Award und spreche mit ihm über seine Eindrücke. Zwischen dem Qualifying und dem Rennen fliege ich beim Pit Walk durch die Boxengasse und unterhalte die Fans. Für mich ist das immer ein Highlight, weil die Fahrer währenddessen entspannt sind und fleißig Autogramme schreiben. Ich nutze auch die Gelegenheit, um mit den Fans ins Gespräch zu kommen und sie beispielweise über ihren Lieblingsfahrer zu befragen. In der Startaufstellung fange ich die letzten Eindrücke ein und schildere die Ausgangslage. Nach dem Start sind mein Kameramann und ich besonders aufmerksam, denn auf der Strecke kann immer etwas passieren. Dann ist es unsere Aufgabe, das Geschehen durch Aussagen von Teammitgliedern aufzuklären. Sobald die Laufsieger feststehen, führe ich mit dem Fahrer aus dem ersten Stint das Siegerinterview. Das ist der emotionalste Moment des Tages, da wir unmittelbar nach Zieldurchfahrt die Reaktionen einfangen. Nach weiteren Interviews verabschiede ich abschließend die Fans. Ich bin also viel unterwegs, sodass an einem Tag rund 20.000 Schritte zusammenkommen.

Was passiert denn nach Feierabend?

Nach getaner Arbeit treibe ich mich noch im Fahrerlager rum und genieße die Atmosphäre. Besonders am Samstagabend herrscht eine geile Stimmung: Die Teams arbeiten noch an den Supersportwagen und die Piloten sind auch länger im Fahrerlager. In Gesprächen mit Teams, Fahrern sowie dem ADAC bereite ich mich aber auch schon auf den nächsten Tag vor. Ich bin niemand, der schnell von der Rennstrecke flüchtet. Im Hotel lasse ich dann mit meinem Technik-Team den Tag nochmal Revue passieren.

Ihr wichtigstes Werkzeug ist das Mikrofon, aber Sie haben auch noch einen Knopf im Ohr. Was hat es damit auf sich?

In den allermeisten Fällen lausche ich den Stimmen der Streckensprecher. Ich höre genau das gleiche, wie die Fans an der Strecke. Gelegentlich spricht aber auch der Ablauf-Redakteur zu mir und versorgt mich mit Informationen, beispielsweise sagt er mir Werbeblöcke an.

Vor den Läufen in der Deutschen GT-Meisterschaft schicken die Gäste des „Club of Champions“ von Serienpartner Herrenausstatter die Piloten mit dem „Drivers start your engines“-Schild ins Rennen. Ergeben sich dort auch Gespräche?

Definitiv. Für mich sind die Gäste immer hochspannende Interviewpartner. Vor allem die Prominenten aus der Welt des Sports sind total fasziniert von der Action im ADAC GT Masters. Mit Francesco „Franz“ Friedrich war am Sachsenring beispielsweise der viermalige Olympiasieger und erfolgreichste Bobfahrer der Welt zu Gast. Die Sportler haben einen sehr engen Bezug zur Thematik, denn sie wissen, wie man in Drucksituationen agiert. Sie sind dadurch sehr neugierig. Auch mit Gästen außerhalb der Sportwelt ergeben sich spannende Unterhaltungen.

Gibt es in Ihrer Karriere als Fan-Reporter ein Interview, dass Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben ist?

Ich erinnere mich gerne an das Saisonfinale 2018 am Hockenheimring Baden-Württemberg zurück. Der Titelkampf war extrem spannend und letztlich durften sich Mathieu Jaminet und Robert Renauer in den Diensten von Precote Herberth Motorsport als Meister feiern lassen. Es herrschte eine ziemlich ausgelassene Stimmung in der Box. Ich kam überhaupt nicht dazu, eine Frage zu stellen. Das war definitiv einer meiner Top-Momente und ein sehr verrücktes letztes Saisonrennen.

Wie sieht es mit der Anspannung vor der Moderation aus?

Vor allem in meinem ersten Jahr 2018 war ich nervös. Ich bin als Neuling ins ADAC GT Masters gekommen und kannte das Umfeld noch nicht, weshalb ich mir auch bei den Fahrern erstmal das Vertrauen erarbeiten musste. Mir ist es wichtig, den Piloten nicht zu schaden, sondern ihnen eine ordentliche Bühne zu bieten. Mittlerweile ist das Fahrerlager für mich wie eine große Familie geworden und über die Jahre habe ich viele Freundschaften geschlossen. Die Nervosität ist im Laufe der Zeit durch einen guten und fairen Umgang komplett verloren gegangen.

Fan-Reporter Tobias Schimon im Gespräch mit seinem Idol Kai Ebel © Foto: ADAC

Gibt es einen Reporter, der Sie besonders beeindruckt?

Natürlich ist Kai Ebel ein großes Vorbild für mich. Er hat jahrelang die Boxengasse in der Formel 1 geprägt. Er war immer fair und sorgte für eine gute Stimmung, dadurch hat er sich eine große Reputation erarbeitet. Beim Saisonfinale 2022 am Hockenheimring Baden-Württemberg konnte ich ihn im Rahmen des Fan-TV auch kurz interviewen, das war toll. Allerdings versuche ich niemandem nachzueifern, denn jeder schreibt seine eigene Geschichte. Was den Modegeschmack angeht lasse ich mich nicht zu sehr von Kai Ebel beeinflussen. (lacht)

Von welchem Rennen möchten Sie unbedingt mal berichten?

Ich würde wahnsinnig gerne nochmal im Rahmen des 24-Stunden-Rennens am Nürburgring arbeiten. Dort liegen die Anfänge meiner Reporter-Karriere im Motorsport und für mich ist dieses Event das Nonplusultra. Natürlich wäre es auch ein Traum, in der Formel 1 Fuß zu fassen und auf Kai Ebels Spuren unterwegs zu sein. Allerdings würde ich das 24h-Rennen in der Eifel immer der F1 vorziehen, mehr geht für mich nicht.