Vor dem Training
Bevor man das Training für die neue Saison aufnimmt, sollte man sich natürlich überlegen, was man trainieren möchte und wie die persönlichen Ziele aussehen. Stefan Bettels erklärt: "Zunächst sollte man erst einmal herausfinden, wo man steht. Die meisten Leute trainieren einfach ins Blaue hinein, ohne ihren Rahmen zu kennen. Den Ist-Zustand der eigenen Leistungsfähigkeit stellt man am besten durch eine Leistungsdiagnostik fest. Diese kann im Ausdauer- und Kraftbereich, aber auch im Beweglichkeits- und Koordinationsbereich durchgeführt werden." Solch eine Leistungsdiagnostik ist keineswegs nur etwas für Profisportler. Gerade wenn man neben dem Berufsalltag sein Training so effizient wie möglich gestalten möchte, macht es Sinn, dass das, was man trainiert, letztendlich auch etwas bringt.
"Wenn man seine Leistung effizient trainieren möchte, ist eine Leistungsdiagnostik unabdingbar. Jeder Mensch ist anders und deswegen lassen sich die geläufigen Faustformeln meist nicht eins zu eins anwenden", bestätigt Stefan. Eine Leistungsdiagnostik fängt nicht nur bei Ortema bei rund 100 Euro an. Bei Ortema kostet das komplette Diagnostikpaket inklusive Spiroergometrie, computergestütztem Maximalkrafttest, Beweglichkeitstest, Koordinationstest, Sprungkrafttest und Körperanalyse 244 Euro. Lizenzfahrern wird dabei noch ein Rabatt von 10% gewährt. Eine vergleichbar geringe Investition, wenn man bedenkt, wie viel jeder Fahrer in die Top Performance des eigenen Bikes steckt. Was hilft ein schnelles Bike, wenn euch nach fünf Rennminuten die Luft ausgeht?
Wann mit dem Training beginnen?
Habt ihr eure persönlichen Leistungsdaten und kennt eure Trainingsbereiche, stellt sich die Frage, wann man optimalerweise mit dem Training für die neue Saison beginnt. Stefan sagt ganz klar: "Nach der Saison ist vor der Saison!" Natürlich habt ihr euch nach einer Rennsaison etwas Ruhe verdient, schließlich muss sich der Körper von den Belastungen erholen. Dennoch ist es empfehlenswert, nach dem letzten Rennen drei bis vier Wochen ein lockeres, unspezifisches Ausdauertraining weiter zu führen wie zum Beispiel lockeres Jogging, anstatt ganz auf Sport zu verzichten. Wenn die Rennsaison Mitte Oktober aufhört, kann man Mitte November wieder mit dem Training für die neue Saison starten. "So habt ihr drei bis vier Monate, um euch intensiv auf die neue Saison vorzubereiten." Das Ausdauertraining sollte ein elementarer Bestandteil eurer Saisonvorbereitung sein, aber auch Krafttraining sowie Koordinationsübungen sollten mit in den Trainingsalltag einfließen.
Das Ausdauertraining
Das Training der Grundlagenausdauer stellt die wichtige Basis für alle intensiveren Trainigseinheiten dar. Beim Grundlagenausdauertraining ist man mit recht niedrigem Puls, dafür aber über langen Zeitraum unterwegs. Manch einer wird sich fragen, warum es sinnvoll ist, mit niedriger Intensität zu trainieren, wo der Pulswert beim Motocross doch viel höher liegt. Stefan klärt auf: "In der genauen Definition wird die Grundlagenausdauer auch als Ermüdungswiderstandsfähigkeit erklärt. Diese sorgt dafür, dass man länger seine Leistung aufrechterhalten kann, sich schneller regeneriert, zum Beispiel zwischen zwei Rennläufen, und länger konzentriert bleibt. Das heißt, man kann genauer bremsen und präziser einlenken, wodurch die Rundenzeiten zum Rennende besser werden." Im Grundlagenausdauerbereich wird die Energie, die der Körper verbraucht, unter Verwendung von Sauerstoff gewonnen. Das hält man viel länger aus als bei hohen Intensitäten, wo die Energie ohne Hilfe von Sauerstoff gewonnen wird wie zum Beispiel beim 100-Meter-Sprint. Wenn ihr eure Grundlagenausdauer auf ein höheres Niveau hebt, so kommt ihr dann auch beim Racing erst später in einen Bereich, in dem der Körper immer weniger Sauerstoff zur Energiegewinnung benutzt, wodurch ihr letztendlich länger schnell fahren könnt. "Wichtig ist es, konsequent und regelmäßig über mehrere Wochen hinweg diese langsamen und langen Trainingseinheiten durchzuziehen. Erst darauf aufbauend kann mit intensiveren Einheiten angefangen werden", so Stefan. Ihr solltet zwei bis drei Ausdauertrainingseinheiten pro Woche durchführen, am besten jeweils mit einem Ruhetag dazwischen.
Doch welche Sportarten eignen sich am besten für ein Grundlagenausdauer-Training? "Für ein Ausdauertraining muss ein gewisser Prozentsatz der Körpermasse in Bewegung sein. Die größten Muskelpakete sitzen in den Beinen. Also sind alle Sportarten, bei denen man viel mit den Beinen arbeitet, sehr geeignet: Laufen, Radfahren, Inline-Skating und im Winter auch Skilanglauf. Schwimmen geht ebenfalls, jedoch liegt hier die Belastung eher auf den Armen, wodurch es sich nicht ganz so gut zum Grundlagenausdauertraining eignet. Als Regenerationstraining oder als Alternative bei schlechtem Wetter kann man Schwimmen aber gut in den Trainingsplan einbeziehen. Das Rudergerät ist ebenfalls gut geeignet, weil es auch die Rückenmuskulatur mit einbezieht, die wir kräftigen wollen."
Das Krafttraining
Stefan hat zum Thema Wichtigkeit des Krafttrainings fürs MX eine klare Aussage: "Durch die Kraft, die wir aufbauen, bewegen wir die Maschine. Können wir die Kraft nicht aufbauen, bewegt die Maschine uns." Auch beim Krafttraining ist es zunächst wichtig, die Grundlagen zu bilden. Stefan erklärt: "Zu Trainingsbeginn sollte man mit einer Kraftausdauerphase starten, also viele Wiederholungen mit leichten Gewichten. Drei Sätze mit je 20 Wiederholungen sind da gut geeignet und das Training sollte nicht zu belastend sein. Erst später kann man dann zu höheren Gewichten und weniger Wiederholungen übergehen. Man kann dann auf 10 Wiederholungen mit knackigen Gewichten runtergehen. "Ihr solltet ein bis zwei Krafttrainingseinheiten in der Woche zusätzlich zu den Ausdauereinheiten durchführen. Am sinnvollsten ist ein täglicher Wechsel von Kraft und Ausdauer."
Der Begriff "Krafttraining" mag vielleicht etwas irreführend sein, denn beim MX geht es nicht darum, body-building-mäßige Muskelpakete aufzubauen. "Ein Massentraining sollte unbedingt vermieden werden. Damit baut man Körpergewicht auf, das auch auf dem Bike bewegt werden muss, wodurch das Verhältnis Gewicht pro PS schlechter wird. Es ist effektiver, drahtig und zackig auf dem Bike unterwegs zu sein. Ein gewisses Maß an Massenzuwachs lässt sich allerdings nicht vermeiden." Eine ganz wichtige Körperregion, die man im Krafttraining fokussieren sollte, sind die Beine. "Die Beine sind starken Vibrationsbelastungen im Rennen ausgesetzt. Das müssen sie aushalten. Wenn die Beine müde werden, kann man die korrekte Körperhaltung nicht mehr aufrechterhalten." Genauso wichtig ist die Rumpfmuskulatur. "Sie ist die Basis für alle Bewegungen, die wir ausüben. darüber steuert man auch das Motorrad." Zu guter Letzt ist auch die Schulter- und Nackenmuskulatur eine wichtige Region, dadurch dass man sich beim Motocross-Fahren auf dem Lenker abstützt.
Häufige Fehler
Leider kann man beim Training auch einiges falsch machen. Laut Stefan gibt es zwei Hauptfehler. "Der eine Fehler ist es, zu viel zu wollen und dadurch die Gewichte und Belastung zu schnell zu steigern. Der andere Fehler ist das gesunde Halbwissen. Viele Bewegungen scheinen auf den ersten Blick ersichtlich zu sein. Wenn man sie einfach nachmacht, schleichen sich jedoch schnell kleine Fehler ein, die auf Dauer belastend für die Gelenke werden und zu Gelenkschäden führen können." Genauso wichtig wie die Belastung ist eine entsprechende Regeneration nach dem Training. Gebt eurem Körper genügend Zeit, sich zu erholen. "Wenn man zu früh das nächste Training ansetzt, kann es sogar zu einem Leistungsabfall kommen", warnt Stefan.
So kann ein optimales Training aussehen
Zusammen mit Stefan Bettels und Pro-Rider Marcus Schiffer haben wir ein kleines Übungsprogramm zusammengestellt, das ihr mit ein paar kleinen Hilfsmitteln sogar zu Hause oder unterwegs durchführen könnt. Ihr benötigt dazu lediglich einen Petzi-Ball, eine Gymnastikmatte, ein Springseil und ein Paar Kurzhanteln.
Aufwärmen
Vor dem Training solltet ihr euch 10 bis 15 Minuten locker auf dem Fahrrad oder Laufband aufwärmen.
Koordination
Man sollte von der Reihenfolge erst Koordination, dann Kraft und dann Ausdauer trainieren. Diese Übung auf dem Petzi-Ball ist hervorragend fürs Motocross geeignet. Anfänger sollten sich auf allen Vieren auf den Ball knien und versuchen, die Balance zu halten. Wenn ihr euch sicher dabei seid, nehmt eine Hand weg, später dann beide Hände. Habt ihr beide Hände weg und kniet aufrecht, sind die Ausgleichsbewegungen den Bewegungen auf dem Bike, wenn ihr im Stehen über Bodenwellen fahrt, ziemlich ähnlich. Ihr könnt diese Übung weiter ausbauen, indem ihr Bälle auffangt, jongliert oder Ähnliches. Markus war sogar schon in der Lage, auf dem Petzi-Ball zu stehen!
Kniebeugen
Beine sind elementar wichtig fürs Motocross. Kniebeugen sind der Klassiker. Wichtig ist, dass ihr beim Beugen darauf achtet, das Gewicht auf der Ferse zu lassen und mit dem Knie nicht vor eine senkrechte Linie über den Zehenspitzen zu gehen. Mit Kurzhanteln in den Händen könnt ihr die Belastung steigern.
Seilspringen
Beim Boxtraining ist Seilspringen sehr beliebt, weil es eine super Übung zur Kräftigung der Beine ist. Was bei den Boxern funktioniert, klappt auch für Motocrosser. Wichtig ist, dass ihr beim Springen lächelt, wie uns Markus demonstriert. Fortgeschrittene können auch einbeinig springen und so die Belastung steigern.
Rücken
Legt euch auf den Petzi-Ball und streckt die Arme nach vorne aus. Habt ihr eine stabile Position, hebt ein Bein an und verharrt einen Moment in dieser Position. Indem ihr die Balance halten müsst, fördert ihr ebenfalls die Koordination.
Bauch
Legt euch mit dem Rücken auf den Petzi-Ball. Achtet darauf, dass ihr in der Ausgangsposition gerade in der Hüfte seid. Wenn ihr euch aufrichtet, beugt die Hüfte mit an. Ihr könnt die Intensität variieren, indem ihr die Arme an den Kopf oder vor die Brust nehmt, wodurch es leichter wird, oder Kurzhanteln in die ausgestreckten Hände nehmt, wodurch es schwerer wird.
Liegestütz
Ein hervorragendes Training für die Schulter-, Nacken- und Armmuskulatur sind Liegestützen. Bei diesem Klassiker solltet ihr drauf achten, dass ihr die Hüfte gerade haltet und kein Hohlkreuz macht. Wem die normale Variante zu schwer ist, der kann erst einmal mit den Knien auf den Boden gehen. Durch den verkürzten Hebel wird die Übung dann einfacher. Ihr könnt variieren, indem ihr euch mit den Füßen auf einer Bank oder dem Petzi-Ball abstützt, und sehr Fortgeschrittene können einarmige Liegestütz machen.
Stretching
Nach dem Training solltet ihr euch selbstverständlich etwas stretchen. Bei Motocrossern ist oft die hintere Oberschenkelmuskulatur verkürzt, weswegen wir euch stellvertretend für das gesamte Stretching diese Übung vorstellen. Legt euch auf den Rücken, streckt ein Bein aus und hebt das andere an. Fasst mit einer Hand in die Kniekehle mit der anderen an die Wade. Streckt die Ferse Richtung Himmel, bis ihr ein Ziehen verspürt.
Text & Fotos von Busty Wolter/ motoX Magazin
Ansprechpartner bei ORTEMA
Team Leistungsdiagnostik
Tel. 07145-91 54170 oder
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