ADAC MX Masters·12.6.2014

Pascal Rauchenecker im Portrait: Ein österreichisches Ausnahmetalent mit Riesenschutzengel

Für Pascal Rauchenecker gibt es nichts Schöneres als Motocross zu fahren - und das bereits seit seiner Kindheit. Wenn der Oberösterreicher morgens aufsteht, fährt er als erstes eine Runde mit seinem Bike. Selbst in seiner Freizeit dreht sich für den 21-Jährigen alles um knatternde Motoren und viel PS. "Als ich vier Jahre alt war, habe ich meinen Vater Robert so lange angebettelt, bis er mir schließlich meine erste kleine Crossmaschine gekauft hat. Das war eine 50er KTM, mit der ich dann immer bei meinen Eltern im Garten herumgeflitzt bin", erinnert sich der ADAC MX Masters-Pilot.

Sein Vater hatte ihn bereits als Baby mitgenommen zu Motocross-Rennen, wo dieser bis zu seinem 19. Lebensjahr selbst als Profi aktiv und danach viele Jahre lang als Mechaniker tätig war. "Das hat mich infiziert. Die Motorengeräusche haben mich schon damals im positiven Sinne verrückt gemacht", lacht Pascal. Mit sechs Jahren bestreitet der gebürtige Rieder beim McDonalds-Cup sein erstes, richtiges Rennen und wird direkt Sechster. Ein Jahr später fährt er in Bayern seine erste komplette Rennserie, mit acht Jahren werden Sponsoren auf sein Talent aufmerksam und fangen an, den jungen Motocrosser zu fördern. "KTM engagierte mich als Testfahrer und stellte mir sämtliches Equipment zur Verfügung. Das hat mich enorm angestachelt und mich natürlich auch stolz gemacht. Für meine Eltern war es zudem eine große Entlastung, da Motocross eben ein sehr teures Hobby ist und sie mir bis dato alles alleine finanziert hatten", erklärt der 21-Jährige, der seine Ausbildung zum Zimmerer aufgrund seiner Karriere als MX-Star zunächst auf Eis gelegt hat.

2010 feiert der aufstrebende Sportler mit einem dritten Platz bei der 125er-Junioren-WM in Frankreich seinen ersten richtigen Erfolg, ein Jahr später fährt er in der MX2-Weltmeisterschaft auf Rang 18 und sichert sich trotz sehr starker Konkurrenz beim letzten Rennen im italienischen Fermo den sechsten Platz in der Tageswertung. Alles läuft soweit gut, Pascal will hoch hinaus, hat für 2012 große Ziele. Beim dritten WM-Lauf in Saint-Jean-d'Angély wird dem Traum vom Motocrossen dann jedoch vorerst ein jähes Ende gesetzt. Der KTM-Pilot verliert beim Sprung in der vorletzten Runde die Kontrolle über sein Bike und verletzt sich beim Sturz schwer.

Dass er stark angeschlagen ist, wird dem Oberösterreicher allerdings erst sehr viel später bewusst. "Ich habe mich zwar nach dem Unfall ärztlich versorgen lassen, aber irgendwie hat es keiner gemerkt, dass ich mir einen sogenannten Atlasbruch zugezogen hatte. Deswegen bin ich dann auch noch beim nächsten WM-Lauf in Portugal gestartet, musste diesen jedoch aufgrund von sehr starken Schmerzen abbrechen", erzählt der Fahrer des HSV Ried. Bei einer erneuten ärztlichen Untersuchung stellt der Arzt schließlich die schwerwiegende Verletzung im Nackenbereich fest, verschreibt ihm ein Korsett und erteilt dem aufstrebenden Talent ein striktes Fahr- und auch Sportverbot für mindestens fünf Monate. Für Pascal eine niederschmetternde Diagnose: "Ich war total frustriert, dass ich nicht fahren konnte. Fünf Monate Pause war eine sehr lange Zeit für mich, denn mich hat es jedes Mal wieder in den Fingern gejuckt, wenn ich meine Kollegen auf der Strecke beobachtet habe", erinnert sich der 21-Jährige, der durch seine sehr offene und freundliche Art bei Fans und Szeneleuten sehr beliebt ist.

Im November 2012 darf auch er dann endlich wieder motocrossen und will direkt wieder voll durchstarten. "Ich weiß, dass ich einen Riesenschutzengel gehabt habe, dennoch hat Angst für mich nie eine Rolle gespielt und wird es auch nicht tun. Als Motocrosser weiß man um das Risiko und damit lernt man von Anfang an umzugehen. Deswegen habe ich auch nicht mehr an den Unfall gedacht, das ist für mich Vergangenheit", so Pascal.

Obwohl die Saison 2013 nur mittelmäßig für ihn verläuft, kann er beim ADAC MX Masters in Ried mit 66,7 Metern den Rekord im Weitsprung-Wettbewerb aufstellen und sich zumindest in dieser Disziplin als Lokalmatador beweisen. 2014 ist von dem Zwischenfall in Frankreich nichts mehr zu merken. Pascal ist mittlerweile auf einer 350er-KTM unterwegs und beherrscht sein Motorrad besser denn je. Beim Auftakt-Event im brandenburgischen Fürstlich Drehna überzeugt er mit einem Laufsieg und einem Platz drei in der Gesamtwertung des ADAC MX Masters. In Ried will der Motocrosser auf seiner Heimstrecke erneut punkten und sich gegen das hochkarätige Fahrerfeld beweisen. "Die Strecke des HSV Ried ist nur fünf Minuten von meinem Zuhause entfernt, deswegen kenne ich die Piste auswendig. Teile der Strecke habe ich mit dem Bagger sogar selbst ausgebessert", so der 21-Jährige.

Vor ein paar Monaten hat sich Pascal, der am liebsten Schnitzel, Kaiserschmarrn und Apfelstrudel isst, mit seiner Freundin Jessica in der Nähe des Asenham Truppenübungsplatzes ein Haus gekauft. So kann der ehrgeizige Pilot direkt Privates mit seiner Profi-Karriere verbinden, denn auch seine bessere Hälfte fährt Motocross und verbringt mit ihm gemeinsam sehr viel Zeit auf der Strecke.