Nervosität spielt für viele Motocrosser eine große Rolle. Für viele ist es gar nicht so leicht, sich mental auf ein Rennen vorzubereiten und sämtliche Störfaktoren auszublenden - schließlich stehen beim Start auch noch 39 andere Fahrer, die mindestens ebenso aufgeregt und mit Adrenalin vollgepumpt sind. Dabei spielt es eine sehr große Rolle und ist vor allem auch entscheidend für die Leistung eines jeden Piloten, inwieweit er seinen Kopf kurz vor dem Rennen ausschalten und sich dann voll und ganz auf das Rennen fokussieren kann.
In speziellen Fitnessseminaren der ADAC Stiftung Sport behandeln die Coaches mit dem Nachwuchs ganz gezielt dieses Thema und zeigen den jungen Wilden Tricks, wie sie sich vor einem Lauf nur noch auf sich und ihr Bike konzentrieren können. "Die Geförderten der ADAC Stiftung Sport werden zum Saisonbeginn zu einem Einführungsseminar zum Thema Leistungsdiagnostik eingeladen. Im Rahmen dieser Veranstaltung erhalten die Piloten wertvolle Tipps, wie sie mental an Stärke gewinnen können und mithilfe von bestimmten Handlungsritualen am Rennwochenende ihre Nervosität in den Griff bekommen. Auf diese Weise lernen unsere Schützlinge zielgerichtete Fokussierung, denn das Motto unseres Mentaltrainings lautet stets: Gewonnen wird im Kopf", erklärt Stiftungscoach Ralf Teltscher.
Luca Menger, Philipp Jungkeit und Niklas Schneider – alle drei ADAC MX Junior Cup-Fahrer – haben ebenfalls ein bestimmtes Ritual, das sie anwenden, bevor sie ins Rennen gehen. "Sogenannte Hook-ups helfen dabei, seine Nervosität in den Griff zu bekommen. Dabei werden die Hände auf bestimmte Weise gefaltet und an den Körper herangezogen. Diese Übung wird speziell für Stressbewältigung eingesetzt und ich kann nur sagen, dass das bei mir Wunder wirkt. Mein Körper beruhigt sich dadurch automatisch", berichtet der 14-jährige Luca.
Der 13-jährige Philipp hört zusätzlich zu den Hook-ups noch klassische Klaviermusik zur Entspannung. Insbesondere der Gedanke, dass er Familie und Freunde durch beispielsweise einen Sturz enttäuschen könnte, löst bei dem Jugendlichen Unwohlsein aus. "Das wäre eine Niederlage für meinen eigenen Ehrgeiz, wenn ich aufgrund von Nervosität zu viele Fehler mache", gibt er zu. Für den 12-jährigen Niklas hingegen ist es eher die Angst vor der ersten Kurve, weswegen ihm vor dem Rennen manchmal mulmig wird: "Ich habe leichte Platzangst und bei so vielen Fahrern auf einem Haufen kann das schon mal sehr eng werden", gesteht der Nachwuchsfahrer. ADAC MX Junior Cup-Pilot Andreas Hiiemägi machen Sprünge nervös. "Beim Sprung kann ich die Landung hin und wieder nicht richtig einschätzen und das verursacht bei mir kein gutes Gefühl. Allerdings gelingt es mir dann meistens, mich auf mein eigentliches Ziel zu konzentrieren und dann sind Nervosität und Unbehagen schnell verschwunden", so der 13-jährige Estländer.
Bei den ADAC MX Youngster Cup-Fahrern ist der Druck dann bereits ein wenig größer, da das Niveau entsprechend höher ist. Die beiden 18-Jährigen Marco Fleissig und Marco König haben mit nervösen Reaktionen ihres Körpers vor dem Start hin und wieder ganz schön zu kämpfen. "Meine Hände fangen oft an zu zittern - insbesondere, bevor ich auf eine Sandstrecke muss. Meine Methode dagegen ist hüpfen und Witze erzählen. Das bringt mich runter, sodass ich schließlich während des Rennens keine Probleme mehr habe", beschreibt Marco Fleissig sein Erfolgsrezept gegen unerwünschte Emotionen.
Marco König muss kurz vor dem Lauf meistens noch ein paar Mal auf die Toilette und bekommt im Vorstart schwitzige Hände. "Sobald das Gatter gefallen ist, passt es auch wieder für mich, aber mir liegt halt sehr viel daran, ein Lob von meinem Papa zu bekommen, deswegen setze ich mich vielleicht ein wenig zu sehr unter Druck", meint der Youngster Cup-Fahrer. Mit dem Druck kann auch Philipp Kreis sehr schwer umgehen. Der MX-Star, der genau wie die beiden Marcos im Youngster Cup startet, kann schon vor dem Qualifikationstraining kaum noch etwas essen. "Mir ist dann meistens auch ein wenig schlecht und ich will dann nur noch losfahren, damit ich mich nicht länger ablenken muss", sagt der 19-Jährige. Etwas gelassener ist dagegen ADAC MX Youngster Cup-Pilot Cabal George. Der Rumäne ist der Meinung, dass man es lernen kann, beim Startschuss vollkommen gelassen zu sein. "Sobald ich anfange, mich zu konzentrieren, verschwindet auch die Nervosität. Das glaubt man kaum, aber es funktioniert tatsächlich sehr gut", erläutert der 21-Jährige.
Ähnlich sehen es die Motocrosser der Masters-Klasse. Durch ihre meist bereits langjährige Erfahrung und ihr intensives Training haben sie gelernt, dass Nervosität beim Rennen nur hinderlich ist und man sich eher auf seine Stärken konzentrieren sollte, als an seine Schwächen zu denken. Christian Brockel beispielsweise sorgt sich nicht mehr groß darum, dass er selbst versagen könnte. Viel mehr Kopfzerbrechen bereitet es ihm, dass mit seiner Maschine etwas nicht stimmen könnte: "Ich bitte meist meinen Mechaniker, vor dem Rennen noch mal alles durchzuchecken, damit ich beruhigt starten kann", so der 30-Jährige.
Einer, der die Nervosität beim Motocross regelrecht zu genießen scheint, ist der Schwede Filip Thuresson. "Ich kriege so etwas wie Schmetterlinge im Bauch und das Gefühl finde ich eigentlich ganz abgefahren. Abgesehen davon, glaube ich an Schicksal. Deswegen macht es gar keinen Sinn, sich wegen irgendetwas verrückt zu machen", erzählt der 22-Jährige.