Der Team Bauerschmidt MB33-Fahrer ist 2021 das beste Meisterschaftsergebnis seiner Karriere eingefahren. Wie er es geschafft hat, Konstanz in seine Ergebnisse zu bringen, indem er einen Gang zurück geschaltet hat, verrät er im Interview.
Stefan Ekerold hat den Motorsport in die Wiege gelegt bekommen. Seinem Vater Jon gelang 1980 die Sensation als Privatier Straßen-Weltmeister in der 350 ccm Klasse vor Toni Mang zu werden. Doch Stefan und seine Brüder haben sich für ihre Zweiradkarrieren lieber erdigen Untergrund statt Asphalt ausgesucht. Stefan ist der erfolgreichste der Ekerold-Söhne und seit 2017 im ADAC MX Masters unterwegs, in die er nach dem dritten Platz im ADAC MX Youngster Cup 2016 gewechselt hat. Die Zutaten für große Erfolge besitzt der Pfälzer schon lange, doch die Kunst ist es, die Puzzleteile richtig zusammenzulegen. 2021 ist dem Husqvarna-Piloten des Team Bauerschmidt MB33 ein großer Schritt gelungen. Mit dem sechsten Gesamtrang und konstanten Resultaten hat er das beste Ergebnis seiner Karriere erzielt und ist hinter Tom Koch und Max Nagl drittbester Deutscher der Serie geworden. Was zu der positiven Entwicklung geführt hat, hat Stefan im Gespräch verraten.
Wie zufrieden bist du mit deiner Saison 2021? Stefan Ekerold: „Es ist auf jeden Fall eine sehr gute ADAC MX Masters-Saison gewesen, vom Ergebnis, aber auch dem Feeling mit dem neuen Team. Das hat man auch auf der Strecke gesehen, denke ich. Ich habe den Spaß an manchen Dingen wiedergefunden, der vielleicht etwas verloren gegangen war. Ich fühle mich sehr, sehr wohl auf der Husqvarna. Wir haben mit dem Team das ganze Jahr über getestet und dabei Stück für Stück das Motorrad immer weiterentwickelt. Das kannte ich aus der Vergangenheit so noch nicht, wo ich oft die ganze Saison mit dem gleichen Bike-Setup gefahren bin. Mit dem Umstieg ins Team von Thomas Bauerschmidt war das ein sehr positiver Aspekt. Als Ziel hatten wir uns die Top Ten vorgenommen. Damit habe ich im Vergleich zu den vergangenen Jahren meine Erwartungen etwas nach unten geschraubt, was sich ausgezahlt hat. Dadurch war ich entspannter auf den Rennen und wenn ich in einem Lauf nur Mal Neunter oder Zehnter war, war es kein schlechter Lauf, denn das Ziel waren die Top Zehn und alles, was darüber hinaus ging, war ein Bonus.“
Also hast du dich auch mental weiterentwickelt? „Vor allem im mentalen Bereich! Ich habe dieses Jahr das Rad nicht neu erfunden, was das Motorradfahren angeht. Seit Ende letzten Jahres arbeite ich mit Markus Schmidt vom ADAC Pfalz als Sport-Mentalcoach zusammen. Den kenne ich schon seit vielen Jahren durch den ADAC und er hatte mir das angeboten. Ich habe mich gefragt ‚warum nicht‘, denn ich besitze eine sehr gute Basis, was viele andere Dinge angeht. Ich arbeite mit Lukas Nellen zusammen, der bei der Pro Sports Alliance das körperliche Training strukturiert. Dann habe ich dort mit André Stumpf und Jan Hoffmann Betreuung für das Fahrerische unter der Woche und bei den Rennen. Mit dem Mentaltraining habe ich mich schon immer befasst. Man merkt aber einen Unterschied, wenn man mit jemandem zusammenarbeitet, der sich im dem Thema viel Erfahrung hat. Ich habe auch von mir aus verschiedene Dinge aus der Vergangenheit analysiert, die schiefgegangen sind, nicht nur motorsporttechnisch, sondern generell im Leben und Privatleben. Wenn es auf der Strecke nicht läuft, kann man sich umschauen, wo es sonst auch nicht läuft. Da kann man manchmal einen gemeinsamen Nenner finden und einige Parallelen ziehen. In den Spiegel gucken, sich selbst analysieren und dann optimieren.“
Viele hätten vermutlich gedacht, dass durch das neue Team das Bike besser ist und das zu besseren Ergebnissen führt. Du deutest ja an, dass es ganz viele Puzzleteile sind, die da zusammenkommen. „Das ist tatsächlich eine Kombination von vielen Dingen. Ich gebe meinem Umfeld genauso viel Credit für den Fortschritt wie mir selbst. André und Jan haben mit der Motocross-Schule und dem Coaching dieses Jahr noch Mal ein ganz anderes Level erreicht. Gerade beim ADAC MX Masters haben wir dadurch eine Betreuung mit gleich zwei Coaches. Anfangs haben die Leute vermutlich gelacht, weshalb die zwei dort mit Headsets rumlaufen. Aber dadurch kommen den ganzen Tag Informationen rein über den Streckenzustand, Linien und das sind alles Dinge, die mit reinspielen, damit es gut läuft am Wochenende. Dazu fühle ich mich fühle mich im Team Bauerschmidt MB33 sehr wohl, Marcel Weiß macht als Mechaniker einen guten Job und Teamchef Thomas hat aus dem Supermoto bereits eine gute Grunderfahrung. Dort hat er schon mit Topfahrern wie Bernd Hiemer zusammengearbeitet. Das sind Erfahrungswerte, die mir auch weiterhelfen. Es sind sicherlich ein paar Dinge, die ich geändert habe, aber auch das gesamte Umfeld trägt seinen Teil bei. Benedikt von meinem Sponsor Benzim gibt mir auch viel Input. Alles hat dazu geführt, dass es dieses Jahr auch konstant gut war.“
Die Benzim-Vlogs geben den Fans tatsächlich sehr viele gute Einblicke, wie das bei dir im Team und in der Zusammenarbeit mit der Pro Sports Alliance läuft, auch in schwierigen Momenten. Ist dir diese Aufmerksamkeit in den Medien wichtig oder sind die Videos eine Pflicht? „Das ist gar keine Pflicht, im Gegenteil: ich freue mich sehr, dass ich Teil davon sein darf. Grade der letzte Vlog aus Reutlingen ist so gut, dass ich wirklich stolz bin, ein Teil davon zu sein. Wäre ich nicht von Benzim gesponsert, würde ich vermutlich den Hörer in die Hand nehmen und Benedikt anrufen, um einen Deal zu machen! Ich schicke die Videos auch meinen anderen Sponsoren, die zum Teil gar nicht selbst bei den Rennen dabei sein können. Die schauen sich das dann an, das gibt ihnen einen sehr guten Einblick, auch auf die ungefilterten Emotionen direkt nach einem Rennen: glücklich sein, traurig sein… ich finde es mega und freue mich auch, dass es damit im nächsten Jahr weiter geht.“
Du fährst schon sehr lange auf sehr hohem Niveau Motocross. Hat sich etwas in den letzten Jahren verändert? „Für mich persönlich hat sich ganz klar etwas geändert. Ich habe gemerkt, wie man mit Leuten arbeiten kann, die eine Zukunftsvision haben, die die Dinge positiv betrachten, die eine gute Mentalität an den Tag legen. Mit André, Jan, Benedikt und Thomas merke ich, dass da immer ein Streben nach dem Besseren ist, Jahr für Jahr. Da geht es immer weiter. Wenn man so ein Umfeld hat, dann hilft das. Manche Leute nehmen die Dinge so wahr, dass alles immer schlechter wird. Das ist aber nur eine Perspektiven-Geschichte. Das kann man sich einreden, dass alles schlechter wird. Man kann sich aber auch einreden, dass alles immer besser wird. Ich habe für mich festgestellt, wenn ich permanent dran glaube, dass alles besser wird, dann wird es auch besser! Vor ein, zwei Jahren habe ich neben dem Motocross noch andere Dinge verfolgt. Aber je älter ich werde, desto mehr kristallisiert sich heraus, dass man auf sehr hohem Level wie in der WM oder beim ADAC MX Masters nichts anderes nebenbei machen kann. Das habe ich besonders dieses Jahr gemerkt. Um den Saisonauftakt in Bielstein rum, habe ich meinen Beruf gekündigt, den ich unter der Woche zwei, drei Tage lang auf der Baustelle ausgeübt habe. Ich hatte mir ein finanzielles Polster aufgebaut und habe mich dann vollkommen auf eine Sache konzentriert. Das ist auch ein Tipp, den man von vielen erfolgreichen Geschäftsleuten immer wieder hört. Anhand meiner Resultate erkennt man, dass es die richtige Entscheidung war, die es mir auch ermöglicht, im kommenden Jahr Vollprofi sein zu können.“
Was war dein bestes Rennen des Jahres und wo würdest du sagen, da hast du nichts gelernt oder es war zum abhaken? „Tatsächlich gab es dieses Jahr keinen einzigen Lauf, wo ich nichts gelernt hätte. Es gab immer etwas zum Mitnehmen. Die Disqualifikation am Samstag in Reutlingen war etwas frustrierend. Aber ich nehme es dann so, wie es ist, auch wenn es im ersten Moment natürlich nicht geschmeckt hat. Aber da habe ich einen Haken hinter gemacht und mich nach vorne orientiert. Auch wenn es mal nicht ganz so lief, kann man immer etwas positives mitnehmen. Danach soll man auch suchen. Der dritte Lauf in Drehna, wo ich lange auf Platz Drei lag, der war natürlich super. Aber der letzte Lauf in Reutlingen mit dem vierten Platz sticht besonders heraus. Bis dahin lief alles schief, was schief laufen kann an so einem Wochenende. Dazu kam mein Geburtstag am Sonntag, wodurch ganz viel Familie und Freunde dort waren. Dadurch war eine gewisse Drucksituation da und ich wurde aus meiner Routine gerissen. Aber ich habe es vor dem letzten Rennen geschafft, wieder in meine Zone reinzukommen, wodurch ich den Lauf auf dem vierten Platz beendet habe und mich auch dorthin vorgekämpft habe. Da habe ich mir selbst bewiesen, dass ich in diesem Jahr einen Schritt vorwärts gemacht habe, fahrerisch, aber auch im Kopf.“
Kannst du schon etwas zum kommenden Jahr sagen? „An meinem Setup ändert sich zum Glück gar nichts, ich habe wieder einen Vertrag mit Thomas und dem Bauerschmidt-Team. Das hat sich auch schon früh herauskristallisiert, dass das weitergeht. Das freut mich sehr. Bei den Sponsoren kommen eventuell noch ein paar neue dazu, da laufen die Gespräche noch. Aber die Partner, die ich bereits habe, wie Pro Sports Alliance, Benzim, EVS, TRG Bau oder ADAC Pfalz, sind alle glücklich und ziehen weiter mit. In diesem Jahr habe ich die Top Ten angepeilt und bin Sechster geworden. Es wäre jetzt ein Fehler, wieder die Top Ten anzupeilen, weil man schon etwas Ansporn benötigt für den Winter und um besser zu werden. Im ADAC MX Masters will ich in die Top Fünf, das ist realistisch, denke ich. Ich möchte auch gerne mal wieder auf dem Gesamt-Podium stehen, das habe ich 2017 in meiner Rookie-Season geschafft und seitdem nicht mehr. International würde ich auch gerne noch ein paar mehr Rennen mitfahren bei der EMX oder WM. Und wenn die DM stattfindet, würde ich gerne um den Titel mitkämpfen. Eine Sache, die ich in Deutschland noch erreichen möchte, ist es, einen Titel zu holen. Das habe ich bislang nicht geschafft. Ich arbeite mich da Stück für Stück heran.“
Was fehlt dir noch, um die Lücke zu den Top vier aus diesem Jahr zu schließen, die eine Klasse für sich waren? „Ein paar von den Jungs haben sich bereits ein gewisses Umfeld geschaffen, wo schon eine Routine drin war. Tom Koch beispielweise hat zwar das Team, aber nicht die Motorradmarke gewechselt. Jordi und Max haben natürlich schon viel Routine. Ich muss noch mehr in die Rolle des Profis wachsen und an den Tagen, wo ich fahre, noch mehr Konzentration und Fokus dort hineinlegen. Für mich ist genauso wichtig, wie das Fahren, dass ich mich an den anderen Tagen gut ablenke. Nach der Saison fällt es mir schwer, für eine Woche in den Urlaub zu fliegen, es fällt mir schwer, zu sagen, dass ich für eine Woche weg von meinem Motorrad bin. Aber ich weiß, wenn ich den Urlaub nicht mache, komme ich im April an und bin von einer Saison direkt in die nächste übergegangen. Ich muss noch besser das Gleichgewicht finden zwischen hartem Training, Profi sein und pushen, aber gleichzeitig Ruhe und Gelassenheit zu haben und auch andere Dinge im Leben zu machen, damit der Kopf auch wirklich Lust hat aufs Motorrad zu steigen.“