Lukas Platt hat sich in den vergangenen Jahren als einer der Top-Privatiers im ADAC MX Masters etabliert. Der 25-jährige Gummersbacher beeindruckte in den abgelaufenen zwei Saisons gegen viele etablierte Vollprofis mit Top-Fünf-Laufergebnissen, obwohl er unter der Woche regulär als Tischlergeselle arbeitet. Für 2022 hat er sich gefragt: „Wenn nicht jetzt, wann dann“ und sich ein Paket geschnürt, was ihm den Schritt zum Motocross-Profifahrer erlaubt. Darüber hinaus hat er im DW-Racing Team noch das Motorrad-Fabrikat gewechselt, Grund genug für ein ausführliches Gespräch.
Lukas, wie würdest du deine Saison 2021 zusammenfassen?
Lukas Platt: „Im Großen und Ganzen zufriedenstellend, wenn man gewisse Rahmenbedingungen im Hinterkopf hat. In Dreetz hatte ich so einen schweren Sturz, dass ich bis zum Saisonende mit einem schmerzenden Rücken zu kämpfen hatte. Dementsprechend konnte ich unter der Woche auch kaum trainieren. Mein Ziel vor der Saison waren die Top Ten, das habe ich mit Rang 12 knapp verpasst, allerdings haben auch nur wenige Punkte zum Zehnten gefehlt, inklusive dem Nuller in Dreetz. Mit dem dritten Rang in der Open DM bin ich auch happy.“
Was war dein persönliches Highlight-Rennen?
„Das war ganz klar der zweite Lauf in Tensfeld, wo ich als Fünfter gewertet wurde, nachdem Tixier nachträglich disqualifiziert wurde. Aber auch der sechste Platz wäre prima gewesen.“
Ein sehr gutes Resultat gegen die Vollprofis, wenn man bedenkt, dass du unter der Woche ganz normal arbeiten gegangen bist.
„Im vergangenen Jahr hatte ich eine 75%-Stelle. Dadurch konnte ich am Freitagnachmittag zu den Rennen losfahren oder auch unter der Woche mal auf dem Motorrad trainieren. Dafür auch noch mal ein riesiges Dankeschön an die Tischlerei Fischer, wo der Chef selbst Motocross fährt. Ich bin bei dem ganzen Arbeitspensum sehr glücklich mit meiner Weiterentwicklung in den letzten Jahren. Das hat sich für dieses Jahr jetzt auch geändert.“
Bei dir hat sich in diesem Winter einiges geändert, erzähle den Fans mal etwas mehr darüber.
„Seit dem 1. Januar 2022 lasse ich meine Tischler-Kleidung im Schrank und habe den Schritt ins Profileben gewagt. Nach dem letzten Rennen 2021 habe ich mich sehr damit beschäftigt und Sponsoren gesucht, um das ganze finanziell und materiell stemmen zu können. Schon allein vom Material ist das eine andere Hausnummer, wenn man vier bis fünf Mal in der Woche fahren geht, anstatt wie bisher an zwei bis drei Tagen. Ich konzentriere mich nun voll aufs Motocross, ein großer Vorteil davon ist, dass sich mein Körper nun auch zwischendurch erholen kann. Bisher war ich acht Stunden am Tag arbeiten, dafür insgesamt zehn Stunden unterwegs gewesen, bevor ich mit meinem Sport anfangen konnte. Dadurch wurde es oft echt spät am Abend, am nächsten Tag dann dasselbe Programm und freitags ging es dann direkt los zu den Rennen. Jetzt kann ich tagsüber meine Arbeit als Sportler erledigen und habe dann um 16.30 Uhr Feierabend und kann regenerieren.“
Wie schwierig war es, das finanzielle Paket zu schnüren, das dir diesen Schritt ermöglicht?
„Durch größere Sponsoren wie KFZ Zirfas oder den Vermögensberater Raimund Sauer, selbst ein ehemaliger Motocross-Profi, kann ich die finanziellen Grundkosten tragen. Ein wichtiger Teil ist aber auch, dass das DW-Racing Team nun einen großen Support von KS Performance Austria bekommt, wodurch im Team auch etwas mehr Geld übrigbleibt, das eingesetzt werden kann. Aber auch meine Familie stärkt diesbezüglich meinen Rücken.“
Da sind wir direkt bei der nächsten Neuerung: du fährst weiterhin im DW-Racing Team, ihr habt aber auf Motorräder von Fantic gewechselt und KS Performance Austria ist als Partner dazu gekommen. Wie kam es dazu?
„Die KS-Jungs hatten mich im Verlauf der letzten Saison kontaktiert und eingeladen, eine Fantic zu testen und sie kennenzulernen. Nach dem Finale in Reutlingen hatten wir einen Testtermin angesetzt und ich war von der Fantic direkt begeistert. Auch vom menschlichen hat es direkt gut gepasst und das Vater-Sohn-Gespann hat viel Positives mit ins Team gebracht.“
Wer oder was steckt hinter KS Performance Austria?
„Dahinter steckt eine Zweiradwerkstatt, KS steht für Kurt Schuster. Als KS Performance betreiben sie seit vielen Jahren Fahrwerks- und Motorentuning. Kurt ist der Vater, es steckt aber auch sein Sohn Erwin hinter dem Kürzel KS. Erwin ist früher selbst beim ADAC MX Masters mitgefahren und hatte sich auch in der MX3-WM versucht. Er hatte aber dieselben Voraussetzungen wie ich bislang, dass er tagsüber arbeiten musste, wodurch es schwer war gegen die Vollprofis. Dadurch bin ich ihnen als Privatier auch aufgefallen. Sie haben einen guten Werbeträger gesucht und sich gesagt, dass sie lieber jemanden wie mich unterstützen und versuchen dabei zu helfen, mich in die einstelligen Platzierungen zu bringen, als einem Fahrer, der ohnehin schon in die Top Drei fährt, zu unterstützen, weil dann jeder die Top Platzierungen auf den Fahrer und nicht auch das Motorrad schiebt. Durch ihre eigene Erfahrung wissen sie auch, wovon sie sprechen.“
Das finanzielle und technische haben wir behandelt, wie sieht es mit dem Training aus?
„Ich arbeite schon seit 2013 mit Stephan Nüsser von SNDC zusammen, der mit mir Leistungsdiagnostiken durchführt und entsprechend meine individuellen Trainingspläne erstellt. Wir können jetzt noch intensiver zusammenarbeiten und ich habe zu diesem Zweck auch weiter in meine Trainings-Infrastruktur investiert.“
Was sind mit diesen neuen Voraussetzungen deine Ziele für 2022?
„Wir werden im ADAC MX Masters und in der Open DM starten. Als erstes möchte ich verletzungsfrei bleiben, um dann im ADAC MX Masters in der Gesamtwertung einstellig abzuschließen. In der Open DM möchte ich wieder in die Top Drei, auch wenn man noch nicht genau weiß, wer dort alles antreten wird.“
Gibt es einen Plan, wie lange du es als Profi versuchen möchtest?
„Das Paket ist zunächst für ein Jahr geschnürt, aber grundsätzlich möchte ich es zumindest mal zwei Jahre lang versuchen, um auf den Erfahrungen dieses Jahres aufbauen zu können. Der Großteil der Sponsoren hat bereits signalisiert, dass sie das auch so unterstützen möchten, aber wir müssen alle erst Mal abwarten, ob der Schritt tatsächlich den erhofften Mehrwert bringt. Es ist ja nicht garantiert, dass ich schneller werde, nur weil ich nicht mehr arbeiten gehe. Ich muss mich natürlich auch mehr ins Zeug legen. Finanziell sind meine monatlichen Fixkosten abgedeckt, verdienen werde ich dann durch die Preisgelder.“
Geht für dich jetzt ein Traum in Erfüllung?
„Auf jeden Fall, ich hätte niemals gedacht, dass ich das mal als Beruf machen kann. Umso toller, dass ich das nun probieren kann. Die Zeit und die Erfahrungen, kann mir dann niemand mehr nehmen. Bei mir zu Hause habe ich ein Pokalregal, da steht auch ein Pokal aus Tensfeld, wo ich 2017 das ADAC MX Youngster Cup Rennen gewonnen habe. Das kann ich heute noch nicht glauben! Das finde ich halt super, diese ganzen Erfahrungen zu sammeln. Ich werde mich zumindest nie mehr fragen müssen, was gewesen wäre, wenn ich den Schritt gewagt hätte. Ich mache das jetzt einfach und werde es ja sehen, wie es funktioniert. Ich habe eine Tischler-Ausbildung, als Geselle gearbeitet und im Handwerk findet man sowieso immer einen Job, da mache ich mir keine Sorgen, wenn es mit dem MX nicht funktionieren sollte. Tischler macht mir auch Spaß, aber wenn ich diese Chance jetzt nicht wahrgenommen hätte, wäre das nicht klug.“