ADAC MX Masters·23.4.2022

MX Nachwuchsarbeit: Herbert Kosak und die jungen MX-Talente

Nur wenige Personen im deutschen Motocross haben so viel für die Förderung junger Talente getan wie Herbert Kosak. Es gibt kaum einen deutschen Topfahrer, der nicht in jungen Jahren für sein Kosak Racing Team gefahren ist. Worauf es bei der Entwicklung junger Piloten ankommt, hat der frischgebackene 70-jährige im Gespräch verraten.

Urgestein im deutschen Motocross-Rennsport: Herbert Kosak © Foto: ADAC

Herbert Kosak ist ein Urgestein im deutschen Motocross-Rennsport. Die Faszination für den Sport ist bei dem Teamchef des Kosak Racing Teams 1970 und ´71 bei Besuchen von MX-Rennen in Hüttlingen entstanden. 1972 hat er sich dann die erste eigene Maschine gekauft und ist später im Jahr bereits seine ersten Rennen gefahren. „Eine CZ war das damals. Fasziniert hat mich beim Motocross, dass der Fahrer einen großen Einfluss auf den Erfolg hat. Tut man viel, ist man gut, tut man nicht viel, ist man auch nicht so gut. Das Material ist zwar auch wichtig, aber nicht so ausschlaggebend“, erklärt Kosak und ergänzt, typisch schwäbisch: „Außerdem ist es eine recht günstige Motorsportart.“ Die Faszination des heute 70-jährigen für MX hält bis heute an. „Ich war noch nie ein Straßenfahrer, mich haben die Sprünge und das Fahren im Dreck schon immer mehr gereizt.“

Rennservice und eine Ersatzteilversorgung auf den Veranstaltungen gab es in den 70er-Jahren noch nicht. Herbert erkannte die Gelegenheit und eröffnete im September 1979 zusammen mit seiner Frau Angela in einer Garage in Aalen die Firma Zweirad Kosak. Ab 1980 bot das Paar auf einem Taperziertisch Ersatzteile und einen Rennservice für Husqvarna an, während Kosak selbst Rennen fuhr. Schnell wurde der Service so stark angenommen, dass er seine eigenen fahrerischen Aktivitäten zurückschraubte, um sich auf das Geschäft zu konzentrieren. Dieses wuchs schnell an, mit Kawasaki kam 1981 eine weitere Marke in das Portfolio und aus der Garage zog man in „richtige“ Räume. Im Oktober 1994 ereilte die Familie Kosak ein heftiger Schicksalsschlag als ihr Sohn Alexander, eine großes deutsches Motocross Talent, nach einem Sturz bei einem Rennen im Alter von 17 Jahren sein Leben verlor.

Junior-Team im Sinne des verlorenen Sohns

Dieser schmerzliche Verlust hat in Folge dazu geführt, dass Kosak sich nach einem Neubau des Motorradgeschäfts dazu entschlossen hat, für die Saison 1998 ein reines Motocross Junior Team an den Start zu bringen. Das fünfköpfige Fahrerteam rückte in einem großen Sattelschlepper auf die Rennen aus. So etwas hatte es in Deutschland vorher nicht gegeben, weder ein reines Junior-Team noch einen Sattelschlepper als Teamfahrzeug. „Der Sattelschlepper war im Sinne von Alexander, dessen Traum es war, so etwas zu haben.“ Auch wenn im Laufe der Jahre wieder „große“ Fahrer im Kosak Team an den Start rollten, so blieb bei Herbert der besondere Platz im Herzen für die Motocross-Jugend. Viele deutsche und internationale Topfahrer sind in jugendlichen Jahren durch die Schule von Herbert Kosak und seinem Team gegangen und haben dort ihre ersten großen Erfolge eingefahren: Max Nagl, Marcus Schiffer, Gareth Swanepoel, Henry Jacobi, Dennis Ullrich, Dennis Baudrexl, Stefan Ekerold und viele mehr. Selbst James Stewart ist im Rahmen der Junioren Motocross Weltmeisterschaft 1999 und 2000 für das Team an das Startgatter gerollt. 2001 fuhr Chad Reed beim Supercross und der Inter-DM, der Vorgänger des ADAC MX Masters, für Kosak. Herbert Kosak leitete zudem einige Jahre erfolgreich das DMSB-MX-Junior Team für den deutschen Motorsport Dachverband. Von diesem enormen Erfahrungsschatz profitieren bis heute die jungen Piloten im Kosak Team, aber auch Topfahrer wie Tom Koch, der sich seit seinem Wechsel zu Kosak 2021 enorm weiterentwickelt hat.

Auf das Umfeld kommt es an

„Erfolg ist planbar“, sagt Herbert Kosak. „Wir versuchen den jungen Fahrern und ihren Eltern die richtige Richtung zu weisen. Ich kann den Jungs mitgeben, wie es funktioniert, wie man sich als Profi verhält. Was die Familien dann draus machen, darauf habe ich keinen Einfluss.“ Er bestätigt, dass insbesondere bei jungen Fahrern Motocross ein Familiensport ist, der nur funktioniert, wenn alle mitziehen. Nicht selten ist es vorgekommen, dass Fahrer nach einem ersten Erfolg das Team wechseln. „Man muss das aber sehen wie eine Ausbildung: es gibt drei Lehrjahre. Man muss als Team mit dem Fahrer zwei, drei Jahre zusammenarbeiten können, um Erfolg zu haben.“ Schon oft hat der Teamchef von ehemaligen Fahrern einige Jahre später zu hören bekommen, dass sie den Wechsel aus dem Kosak Team heraus in ein anderes Team im Nachhinein für einen Fehler gehalten haben. „Es kommt nicht nur aufs Geld oder ein paar Teile mehr an Unterstützung an, sondern auf das gesamte Umfeld.“

Talente erkennen und fördern

Nach wie vor ist Herbert Kosak auch immer wieder bei regionalen Rennserien zu Besuch, um die Augen nach möglichen neuen Talenten offen zu halten. „Eine gezielte Förderung macht schon in der 65 ccm Klasse Sinn“, kann er bestätigen, bremst dabei jedoch auch wieder etwas ein: „Wenn die Familien vernünftig sind, lassen sie das Motorrad ziemlich seriennah, machen höchstens etwas am Fahrwerk. Man darf nicht vergessen, dass das noch Kinder sind und die brauchen noch keine hochgezüchteten Maschinen. Das Geld für großes Tuning kann man sich besser sparen.“ Nach seiner Erfahrung ist die Entwicklung in die 85 ccm Klasse bereits ausschlaggebend. „Wenn man im ersten Jahr in der Deutschen Jugend Motocross Meisterschaft in die Top Fünf oder beim ADAC MX Junior Cup in die Top Ten fährt, dann passt die Linie. Im letzten 85 ccm Jahr muss man dann um den EM- und ADAC-Titel mitfahren, dann wird der Umstieg auf die großen Motorräder kein Problem sein. Dahinter wird es schwierig, weil viele Kinder auf den 85 ccm Maschinen zwar schnell fahren können, das aber auch nur, weil sie zum Teil sehr früh angefangen haben.“

Wer der nächste Ken Roczen wird, ist offen. „Die Erwartungen der Eltern sind oft sehr hoch und nicht selten muss ich genauso viel wie mit den Kindern auch mit den Eltern zusammenarbeiten, um die Ziele und Ansichten realistisch abzustecken“, erklärt Herbert Kosak. „Die zwei Jahre Corona haben es aktuell für die Jugend sehr schwer gemacht ohne Rennen und Trainingsmöglichkeiten. Deshalb kann ich keine gute Prognose abgeben, wer das nächste große, deutsche Talent in der 85 ccm Klasse sein wird. Ich schätze, in zwei Jahren sieht es wieder besser aus. Ohne das ADAC MX Masters wäre die Nachwuchsarbeit noch schwieriger, denn es bietet in Europa neben den MXGP die beste Plattform für den Motocrosssport.“

Kein Ruhestand im Rentenalter

Auf die Frage, wie lange er das Ganze noch betreiben möchte, in einem Alter, in dem sich andere schon in den Ruhestand begeben haben, muss Herbert Kosak lachen. „Wir haben Ende 2021 einen neuen Trailer zu den Rennen gebracht. Wenn der noch Mal 25 Jahre hält, dann ist das gut! Solange ich das Ganze noch machen kann, werde ich dabeibleiben. Mit Tom Koch, Maximilian Werner und den anderen Junioren macht mir das Team derzeit sehr viel Spaß. Und wenn wir 2021 schon das ADAC MX Masters Team Nummer 1 geworden sind, dann müssen wir ja weitermachen und den Titel verteidigen!“ Die Motocross-Szene in Deutschland und Europa wünscht sich, dass Herbert noch viele Jahre Spaß am Rennsport hat und mit seinem großen Erfahrungsschatz erhalten bleibt.

Die über 40-jährige Firmengeschichte von Zweirad Kosak und dem Kosak Racing Team mit vielen Fotos gibt es unter ktm-kosak.de nachzulesen.