Dennis Ullrich ist mit fünf ADAC MX Masters-Titeln der Rekordmeister der Serie. Zusätzlich hat er 2010 den ADAC MX Youngster Cup gewonnen und unterlag 2008 nur knapp Jeffrey Herlings im ADAC MX Junior Cup. Nachdem er im Sommer 2021 den Profi-Helm an den Nagel gehangen hat, kehrt er 2024 frisch motiviert und mit einer neuen Einstellung zurück in den Rennzirkus. Wir haben den ADAC Motorsportler des Jahres 2019 vor dem Saisonstart zum Interview gebeten.
Hallo Dennis, wie blickst du auf die anstehende ADAC MX Masters Saison? Dennis Ullrich: „Ich hatte die letzten zwei Jahre ein bisschen zu kämpfen, mental und gesundheitlich, was auch Gründe waren, warum ich mir bei meinem Rücktritt im Sommer 2021 nicht mehr vorstellen konnte, richtig professionell vorne mitzufahren. Mittlerweile fühle ich mich wieder ganz gut und habe gemerkt, dass mir ein Ziel fehlte, auf das ich hinarbeiten kann. Somit habe ich mich zum Comeback entschieden und freue mich, dass es bald losgeht. Ich habe in meiner Pause, als es mir nicht so gut ging, erkannt, dass ich froh und dankbar sein kann, dass ich fahren kann. Als Profi habe ich es eher so empfunden, dass ich fahren muss und viel Druck gespürt. Deshalb möchte ich es jetzt etwas lockerer angehen und versuche, bei jedem Rennen, in jedem Lauf, auf jeder Strecke das Beste daraus zu machen, ohne mir schon im Vorfeld enorm Druck zu machen.“
Was ist dein Ziel für 2024? „Ich habe gar keine konkrete Zielsetzung, sondern versuche fit zu werden und Stück für Stück zu meiner alten Form zurückfinden. Aber ich möchte auch nichts ausschließen. Ich fühle mich auf dem Motorrad sehr gut. Ich habe mich mit meiner Academy in den letzten zwei Jahren sehr stark mit der Fahrtechnik beschäftigt und würde sogar sagen, dass ich dadurch technisch noch besser und präziser als früher geworden bin. Ich muss nur schauen, dass ich körperlich fit werde und das Ganze natürlich auch die dreimal 30 Minuten umsetzen kann. Ich schätze, im Saisonverlauf und gerade nach hintenraus, dass es wieder ziemlich weit nach vorne gehen kann.“
Du hast 2020 ausgesetzt und bist seit dem Sommer 2021 keine Rennen mehr gefahren. Erst beim Wintercross in Frankenbach hast du im März 2024 wieder am Gatter gestanden. Wie war das für dich? „Vor dem ersten Lauf war es tatsächlich etwas ungewohnt und ich spürte ein bisschen Anspannung und Nervosität. Aber sobald die Fünf-Sekunden-Tafel hoch ging, fühlte es sich wieder so an wie früher. Du bist dann komplett fokussiert, die Abläufe sind immer noch da, ohne drüber nachzudenken, und mit dem Holeshot hat es direkt im ersten Rennen auch gleich wieder funktioniert. Im zweiten Lauf war ich nach dem Start Zweiter hinter Max Nagl, habe ihn aber ziemlich früh überholt und sogar einige Runden lang geführt, bis meine Arme hart wurden. Ich habe festgestellt, dass ich ohne große Anstrengung bereits ziemlich schnell fahren kann, vor allem in den Kurven. Die Intensität fehlt mir nach der Pause noch ein bisschen, aber nicht der Speed.“
Es war ja ohnehin immer deine Stärke, erst im Saisonverlauf zu Topform aufzulaufen... „Da hat sich an meiner Einstellung nichts geändert. Viele Fahrer sind bereits zu den ersten beiden Rennen topfit und zum Saisonende geht ihnen langsam schon wieder die Puste aus. Ich war in meinen Titeljahren beim Saisonstart in Fürstlich Drehna noch nicht bei meinem Optimum, sondern erst nach den ersten zwei bis drei Rennen, konnte diese Leistung dann aber über die ganze Saison halten.“
Kommt dir der relativ späte Saisonbeginn entgegen? „Ich habe recht spät angefangen, wirklich zielstrebig zu trainieren und dann auch gemerkt, dass das für meinen Körper ziemlich anstrengend war. Dann kamen noch zwei Erkältungen dazu, die meine Planung auch etwas durcheinandergeworfen haben. Von daher kommt mir der Start im späten April schon ein bisschen entgegen.“
Fiel dir die Entscheidung mit dem Comeback leicht oder hattest du auch Zweifel? „Ich habe in den letzten zwei Jahren gemerkt, dass mir das Motocrossfahren nach wie vor viel Spaß macht. Und dadurch, dass es kein Zwang mehr war, wie in den Jahren zuvor, hat es mir sogar noch mehr Spaß gemacht. Das möchte ich mir auch erhalten. Nachdem ich in der Pause hauptsächlich mit dem Zweitakter gefahren bin, habe ich mir Ende 2023 erst mal eine 450er von André Sarholz geholt und ein paar Runden damit gedreht. Das hat sich sehr schnell wieder sehr gut angefüllt, schon nach den ersten 20 Minuten am ersten Tag hatte ich das Gefühl, dass ich nichts verlernt habe. Durch den Charakter des großen Motorrades war es sogar weniger anstrengend als mit dem Zweitakter. Ich bin dann regelmäßig auf verschiedenen Strecken gefahren und habe mich Ende Dezember noch mal mit André hingesetzt, um gemeinsam zu besprechen, wie ein Comeback aussehen könnte. Ich habe mit ihm auch ganz klar über meine Situation, Rangehensweise und Einstellung geredet. Ich muss erst mal wieder meine Fitness aufbauen und niemand kann erwarten, dass ich ab dem ersten Rennen um Siege mitfahre. Er versteht mich und unterstützt mich voll, macht aber keinen Druck und steht an meiner Seite.“
Hattest du auch andere Angebote oder Optionen? „Ich hatte auch andere Kontakte, aber dadurch, dass ich mit André so gut zurechtkomme und bei den Voraussetzungen, die mir das Team bietet, konnte ich mir nicht wirklich vorstellen, woanders hinzugehen. Bei Sarholz fühle ich mich einfach am wohlsten.“
Du triffst nicht nur mit dem Team auf alte Bekannte, sondern auch auf der Strecke. Aber es kommen auch einige neue Konkurrenten wie die jungen Max Spies und Noah Ludwig oder auch alte Hasen wie Jordi Tixier dazu, der zu deinen alten Zeiten die Meisterschaft noch nicht komplett bestritten hat. Wie ist da deine Erwartungshaltung? „Ich habe die Rennen natürlich dennoch eng verfolgt, auch wenn ich nicht gefahren bin, und mir angeschaut, wie die anderen Jungs fahren. Die geben natürlich alle gut Gas, sind aber auch nicht plötzlich fünf Sekunden pro Runde schneller geworden als früher. Von dem her mache ich mir keine großen Sorgen und wie ich bereits gesagt habe, habe ich ja auch weiter an meinem Fahren gearbeitet. Ich habe die Jungs analysiert und mir wirklich viele Gedanken gemacht und habe da auch noch ein paar Sachen gefunden, die ich bei mir verbessert oder geändert habe. Dadurch hat sich auch mein Motorrad Setup minimal geändert. Aber ich möchte das einfach auf mich zukommen lassen, ohne vorher große Prognosen zu treffen. Ich möchte einfach auf jeder Strecke, an jedem Tag so gut fahren, wie ich in dem Moment kann und dann einfach schauen, was rauskommt.“
Das ADAC MX Masters geht in seine 20. Saison und du bist komplett im Rahmen der Serie groß geworden. Wie wichtig war die Serie für deine Karriere und Entwicklung? „Ich fand das ganz gut, dass ich schon früh den ADAC MX Junior Cup gefahren bin und dort in den ersten Jahren auch reingewachsen bin. Wenn man sich die Ergebnislisten von 2005, 2006 und 2007 anschaut, da war es nicht so, dass ich von Anfang an das hohe Tempo ganz vorne mitgefahren bin, sondern wirklich gelernt habe. Und irgendwann ist halt der Knoten geplatzt und dann fuhr ich statt um Platz 15 im nächsten Jahr mit Jeffrey Herlings um den Titel. Deswegen ist es sehr gut, was der ADAC da auf die Beine stellt, gerade auch mit der 125 ccm-Klasse und dem Youngster Cup, um die Lücke zum ADAC MX Masters zu schließen. Früher gab es die 125er-Klasse noch nicht und dann ist man von der 85er direkt auf den 250 ccm Viertakter gestiegen und im Youngster Cup gefahren.“
Wirst du dich 2024 nur auf das ADAC MX Masters konzentrieren oder auch noch bei anderen Rennen starten? „Mein Fokus liegt voll auf dem ADAC MX Masters. Vielleicht werde ich vereinzelt auch woanders antreten, aber keine weitere komplette Serie bestreiten.“
Auf welches Rennen freust du dich besonders? „Ich freue mich tatsächlich sehr auf Fürstlich Drehna, da dort meine Reise dieses Jahr losgeht. Ich fahre inzwischen auch sehr gerne im Sand und fühle mich mit meiner neuen Fahrtechnik auch ein bisschen ‚leichter‘ auf dem Motorrad. Gerade im Sand macht das mega Spaß. Und natürlich freue ich mich auch wieder auf Holzgerlingen, wenn da wieder schön viele Rillen sind, eine anspruchsvolle Strecke, wo die Fahrtechnik wirklich zählt und keine, wo jeder einfach Vollgas am Kabel ziehen kann.“
Möchtest du zum Ende noch etwas loswerden? „Ich freue mich sehr auf das Jahr und habe auch schon ziemlich viel positives Feedback bekommen und gemerkt, dass die Fans sich freuen, dass ich auch wieder dabei bin und wieder ans Gatter gehe. Dadurch, dass ich es nicht ganz so verbissen sehen möchte, hoffe ich auch, dass ich ein bisschen mehr Zeit für die Fans habe, weil das in den Jahren zuvor zu kurz gekommen ist. Da versuche ich nun offener und nahbarer zu sein.“