ADAC Rallye Deutschland·23.8.2014

TAGESPRESSEKONFERENZ TAG 2 - 23.8.2014: Aha-Erlebnis auf der Panzerplatte

Teilnehmer:

Jost Capito, Volkswagen Motorsport

Yves Matton, Citroën Total Abu Dhabi World Rally Team

Michel Nandan, Hyundai Shell World Rally Team

Malcolm Wilson, M-Sport World Rally Team

Jari-Matti Latvala, Volkswagen Motorsport

Kris Meeke, Citroën Total Abu Dhabi World Rally Team

Thierry Neuville, Hyundi Shell World Rally Team

F:

Jost, wir beginnen mit Ihnen. Berichten Sie uns zunächst von Sébastien Ogiers Zwischenfall und wie es ihm jetzt geht.

JC:

Wir hatten einen Tag mit Höhen und Tiefen. Sébastien und Julien kamen von der Strecke ab, aber sie sind in Ordnung. Sie kamen für eine Standarduntersuchung in das Krankenhaus, wurden aber sofort wieder entlassen. Es geht ihnen also gut, und sie wollten morgen auch fahren, aber der Überrollkäfig wurde ein wenig beschädigt. Wenn das der Fall ist, ist ein Start aus Sicherheitsgründen nicht mehr möglich. Sie werden morgen zusehen. Sie waren ein wenig zu schnell in einer Sechs-Gang-Kurve und dort war eine Kuppe. Ihr Sprung ging weiter als geplant. Dabei haben sie das Auto verloren, sind in die Leitplanke gefahren, unter der Leitplanke hindurch gerutscht und dann im Graben gelandet.

F:

Sie haben drei fantastische Fahrer in Ihrem Team, aber Jari-Matti fährt bislang die unglaublichste Rallye. Er ist nun seit 18 Monaten in Ihrem Team und hat sich großartig etabliert. Wenn wir hier über seine Leistung reden, erzählen Sie uns von Jari-Matti. Er ist mit Volkswagen in einer großartigen Form und so glücklich, zufrieden und entspannt. Erzählen Sie uns, wie Sie das geschafft haben.

JC:

Wir haben immer an Jari-Matti geglaubt, deswegen ist er in unser Team gekommen. Im letzten Jahr hatte er in Bezug auf die Tests einen großen Nachteil gegenüber Sébastien. Ich denke, Jari-Matti hatte ungefähr 10.000 Testkilometer weniger aufzuweisen. Er hat im letzten Jahr an allen Rallyes teilgenommen, und wenn er sie nun zum zweiten Mal fährt, hat er schon einiges an Erfahrung und kann den Polo seinen Bedürfnissen anpassen. In Finnland fuhr er seine beste Rallye überhaupt. Er hatte so viel Druck und konnte ihm standhalten. Ich dachte, es würde eine Weile dauern, bevor er wieder solch eine gute Rallye fährt, aber es sieht so aus, als würde er hier sogar eine noch bessere Rallye fahren. Er hat noch nie eine Asphalt-Rallye gewonnen. Seine mentale Stärke ist fantastisch und er hat heute eine wunderbare Leistung gezeigt. Er ist in einer sehr guten Stimmung.

F:

Jost, das ist Ihre Heim-Rallye, welche traditionell für jeden Fahrer und für das Team am schwersten zu gewinnen ist. Werden Sie uns für sich selbst eine Vorhersage für morgen geben?

JC:

Es ist schwierig, überhaupt eine Vorhersage zu treffen. Wie Sie bereits erwähnt haben, ist eine Heim-Rallye immer schwierig zu bewältigen, was bei uns im letzten Jahr der Fall war. Wir konnten kein so gutes Ergebnis erzielen, und in diesem Jahr wollen wir den Fans zeigen, dass wir eine sehr gute Heim-Rallye abliefern können. Jari-Matti ist in einer sehr guten Position, aber bei einer Rallye kann alles passieren. Es ist nicht vorbei, bevor es vorbei ist, also geben wir alles, und Jari-Matti wird sich morgen stark darauf konzentrieren, seinen Vorsprung bis zum Ende zu behalten. Aber er muss konzentriert bleiben und seine Geschwindigkeit fahren. Wir hoffen, er wird dann dort stehen, wo er jetzt steht.

F:

Yves, erzählen Sie uns bitte etwas über Kris Meeke. Bislang ist es für ihn eine ausgesprochen gute Rallye und Sie unterstützen ihn dabei. Er ist sozusagen Ihr Ziehkind und auf diesem Sportlevel ist das wunderbar. Erzählen Sie uns die heutige Story. Sie müssen sehr happy sein.

YM:

Ja, sicher sind wir sehr happy und nicht nur heute. Seit dem Rallyestart erledigt er einen ausgesprochen guten Job. Wir dachten nicht, dass er ein echter Asphalt-Pilot ist, aber seitdem er als Junior bei uns ist, hat e runs gezeigt, das ser sehr schnell auf Asphalt ist und heute hat er einen guten Job gemacht. Ein toller Kampf mit Thierry Neuville, der ihm sehr nah kam. Auf der Panzerplatte war er dann extrem gut, und ich hoffe, dass das am Sonntag so weitergeht.

F:

Sie sprachen vom großen Druck seitens Thierry. Haben Sie ihm Instruktionen gegeben? So wie nimm den Kampf an, geh ran - du weißt nicht, was hier noch passiert. Oder hatten Sie noch etwas anderes in Reserve?

YM:

Letztes Jahr hatten wir den gleichen Kampf zwischen Dani Sordo und Thierry Neuville. Wir blieben vorne, und wir hoffen, dass wir diesmal auch vorne bleiben.

F:

Michel, es war bislang ein toller Tag für Ihr Team. Es war ein harter Tag am Freitag, zumal es nicht so perfekt aussah. Aber heute lief es für Ihre Fahrer perfekt. Thierry spielte all seine Trümpfe aus - am Vormittag und am Nachmittag. Zwar eroberte er noch nicht den zweiten Platzt, worauf er natürlich scharf ist, aber was ist Ihr Gefühl? Gibt es eine volle Attacke oder halten Sie ihn zurück, um furs Team zu lernen?

MN:

OK, ich denke da müssen Sie ihn auch noch selbst fragen. Nei, ich denke er behält sich auch noch eine Sicherheitsreserve. Er machte einen tollen Job. Er blieb immer hart dran, gab nicht nach. Dani hatte dagegen etwas Pech. Er rutschte fast raus, verlor Zeit - aber blieb auf der Piste, so dass wir weiter zwei Teams auf diesen Positionen haben. Das ist das erste Mal für Hyundai und so ist es ein ganz toller Tag.

F:

Lassen Sie uns auch nicht vergessen, das dies zu 50 Prozent Ihre Heimspiel ist. Gibt es da solche Gefühle im Team? Wur wissen, dass Jost fest an sein Heimspiel glaubt. Ihre Team-Basis liegt nahe Frankfurt, also ebenfalls eine Art Heimspiel. Macht Sie das nervös?

MN:

Ja, das ist wahr. Es hat hier was von einem Heimspiel und werden das Beste dafür tun.

F:

Malcolm, nun zu Ihnen. Heute fuhr Robert Kubica eine Reihe von Bestzeiten. Dabei kann seine Startposition eine gewisse Rolle gespielt haben, aber lassen Sie uns über Ihren jungen Fahrer, Elfyn Evans, reden. Er hat wieder hart geschuftet. Jeder kämpft, aber vor allem Mikko und Elfyn leisten sich einen großen Kampf. Das ist ein unglaublicher Schritt, den der junge Elfyn vorwärts gemacht hat, man kann sein Selbstvertrauen förmlich spüren.

MW:

Ja, keine Frage. Das ist Elfyns erste richtige Asphalt-Rallye in einem WRC und im Kampf mit Fahrern wie Mikko, der schon mindestens in den letzten neun Jahren hier und schon oft in Baumholder war. Und wie gut er es macht, er ist so gemütlich, und die positive Sache ist, dass er sich so sicher ist, wo er noch Zeit verliert. Das sagt mir, dass da noch mehr kommen wird. Er hatte zwei großartige Tage, und einige seiner Zwischenzeiten waren sehr gut, das gefällt mir. Er macht einen wunderbaren Job.

F:

Er wirkt sehr viel selbstbewusster. Welche Strategie verfolgen Sie, um dies weiter zu entwickeln? Oder ist das ein natürlicher Prozess?

MW:

Wir versuchen, die jungen Fahrer immer dazu zu ermutigen, sich zu entspannen und das Fahren zu genießen. Wenn der Fahrer unter Druck steht, kann man nie das Beste aus ihm heraus holen. Es ist an diesem Punkt ihrer Karriere also wichtig, dass sie entspannt sind, und ich denke, dass das der Fall ist. Der Rest ergibt sich von selbst.

F:

Jari-Matti, wir müssen natürlich mit Ihnen anfangen. Es war bislang eine unglaubliche Rallye. Darf ich sagen, dass Sie fehlerfrei gefahren sind? Sagen Sie, wie Sie gefahren sind.

J-ML:

Also, sagen wir es so: Ich habe am Freitag Morgen sehr angriffslustig angefangen, habe so viel gepusht, wie ich nur konnte. Auch am Nachmittag, als Sébastien von der Strecke abkam, aber dann habe ich etwas zurückgesteckt, aber ich habe versucht, an Stellen mit viel Grip schnell zu fahren, um auf rutschigen Stellen dafür etwas vorsichtiger zu sein. Offen gestanden hatte ich heute beim ersten Durchgang auf der Panzerplatte ein kleines Aha-Erlebnis. Das war unnötig, aber zum Glück gab es keine Folgen.

F:

Kris, ein unglaublicher Tag, ein unglaublicher Kampf, aber Sie bekommen hier nichts geschenkt, oder? Sie müssen für jeden Zentimeter kämpfen. Es schien, als ob Thierry aufholen konnte, aber Ihre Antwort kam auf den letzten beiden Prüfungen. Die Panzerplatte ist Ihr Terrain. Erzählen Sie über Ihren Tag.

KM:

Wir fingen heute Vormittag an. Thierry hatte wohl etwas Gutes zum Frühstück gehabt, denn er war unwahrscheinlich schnell unterwegs und ich konnte bei der ersten Durchfahrt sein Tempo nicht mitgehen. Beim zweiten Durchgang lief es für mich auf der ersten Prüfung dann sehr gut, aber drei oder vier Kilometer vor der Zieldurchfahrt hatten wir einen Reifenschaden und so habe ich drei oder vier Sekunden verloren. Auf der nächsten Prüfung war es sehr nass und Thierry fuhr eine Fabelzeit. Ich konnte einmal mehr nicht mithalten. Dann konnte ich auf Baumholder wieder ezwas Zeit gutmachen. Ich war mit meiner eigenen Leistung sehr zufrieden, ohne auf die Zeiten zu schauen, denn dort habe ich bislang noch nie einen guten Rhythmus finden können. Es ist ein einzigartiger Ort, um mit einem Rallyeauto zu befahren. Heute Abend hat einfach alles gepasst und ich habe einen guten Rhythmus gefunden. Daher war ich wirklich happy und ich konnte viel Erfahrung sammeln.

F:

Kris, können Sie schon sagen, was wir morgen von Ihnen in den Weinbergen erwarten können? Über Baumholder waren Sie sich nicht sicher, aber dort hat es heute für Sie gut geklappt. Sind die Weinberge von morgen auch für Sie geeignet?

KM:

Das weiß ich nicht. Heute habe ich den ganzen Tag über gesagt: Wenn Thierry sich weiterhin verbessert, wird ich nicht alles riskieren um ihn zu schlagen. Ich habe noch keinen Vertrag für das kommende Jahr, also werde ich nicht alles riskieren und womöglich nur für einen zweiten Platz alles aufs Spiel setzen. Natürlich möchte ich eines Tages gerne eine Rallye gewinnen, aber Jari bringt eine unglaubliche Leistung und sogar heute, als er verhalten gefahren ist, konnte er dennoch Bestzeiten fahren. Wir werden sehen, was der morgige Tag bringt. Ich bin gespannt, ob noch drei Sekunden drin sind. Ich werde mein Bestes geben, aber wenn Thierry schneller ist, dann ist das für mich auch in Ordnung.

F:

Thierry, dann zu Ihnen. Ein unglaublicher Tag, wie bereits erwähnt. Was hatten Sie zum Frühstück?

TN:

Eine gute Frage! Das nehme ich auf jeden Fall morgen wieder. Ich hatte Eier und Pfannkuchen, also waren es vielleicht die Pfannkuchen, die mich heute so schnell gemacht haben. Es war für uns ein guter Start in den Tag. Mein Ingenieur hatte einige Änderungen am Auto vorgenommen, da wir schwierige Bedingungen erwarteten, die dann auch eingetreten sind. Ich habe mich im Auto richtig wohlgefühlt, also konnte ich von Anfang an angreifen. Ich wollte Dani einholen, aber ich war mir nicht sicher, ob ich auch zu Kris aufholen konnte. Als ich die Zwischenzeiten auf der Prüfung sah, wusste ich, dass wir einen guten Rhythmus gefunden hatten und dass Platz zwei in Reichweite war. So habe ich den ganzen Tag gepusht, aber Kris hatte beim letzten Durchgang auf der Panzerplatte eine unglaubliche Fahrt. So konnte er sich wieder etwas absetzten, denn für mich ging es wirklich nicht schneller.

F:

Jari-Matti sagte uns, dass er während der Rallye ein Aha-Erlebnis hatte. Sie hatten bereits Ihr Aha-Erlebnis beim Shakedown. Hat das noch irgendwelche Folgen gehabt? Ihr Speed ist unfassbar, sie pushen sehr hart. Hatten Sie überhaupt noch einige Zwischenfälle, über die Sie berichten können?

TN:

Zunächst einmal muss ich noch einmal sagen, wie froh ich bin, dass ich überhaupt in die Rallye starten konnte, denn meine Mechaniker haben einen unglaublichen Job gemacht, nachdem ich mich im Auto beim Shakedown sechs Mal überschlagen hatte. Das war unglücklich, mein Fehler. Noch einmal ein Dankeschön, sie haben 19 Stunden lang mit vollem Einsatz gearbeitet, damit das Auto wieder fahrbereit war, und sie haben einen unfassbaren Job gemacht. Wenn Sie sich das Auto ansehen, ist es wie neu, also noch einmal ein Dankeschön und jetzt glaube ich, dass wir so weitermachen werden. Nun werden wir versuchen, mit zwei Autos unter den ersten Fünf ein gutes Ergebnis fürs Team nach Hause zu fahren. Das wäre für Hyundai an diesem Wochenende ein wunderbares Ergebnis. Ich werde morgen auf jeden Fall versuchen, Kris unter Druck zu setzen, aber er hat auch immer mehr Erfahrung und hält dem Druck immer mehr stand. Es wird also nicht einfach, aber ich werde mein Bestes geben.

F:

So nun stelle ich die unvermeintliche traditionelle Samstagabend-Frage. Jari-Matti, an Sie zuerst: Wer wird diese Rallye gewinnen?

J-ML:

Für mich ware es sehr wichtig, dass es ein Volkswagen-Fahrer und ein Finne ist, also...

F:

Kris, die gleiche Frage an Sie, wer wird diese Rallye gewinnen?

KM:

Wir haben im letzten Jahr gesehen, dass hier alles bis ganz zum Schluss passieren kann. Das geht auf diesen Prüfungen ganz einfach. Wenn man nur fünf Zentimeter neben der Ideallinie ist, ist alles vorbei, ganz schnell. Thierry hat das ja schon beim Shakedown selbst erfahren, wie schnell das passiert. Aber um ehrlich zu sein: Jari war schon in Finnland superstark, und das scheint er auch hier in Deutschland zu sein. Das hat er schon am ersten Tag gezeigt. Für mich ist er der schnellste Fahrer, und ich würde es gerne sehen, wenn Jari siegt. Aber man weiß ja nie, was alles passieren kann.

F:

Das ist recht generös. Also noch die Rückfrage: Wer wird hier Zweiter?

KM:

Wohl ein rotes Auto...

F:

Also, Thierry - für Sie die gleiche Frage: Wer wird hier gewinnen?

TN:

Ich muss ehrlich sein. Jari hat es verdient, hier zu gewinnen. Sébastien Ogier derart unter Druck zu setzen, dass er zweimal von der Piste rutscht - bedeutet schon was. Ich habe das nie zuvor erlebt. Also denke ich, er hat es verdient. Er legt ein ungeheuer hohes Tempo vor, am ersten und am zweiten Tag setzte er die meisten Bestzeiten. Also Gratulation für diesen tollen Job, und ich hoffe, er fährt morgen ohne Probleme und beschert Volkswagen den Heimsieg.

F:

Noch einer mehr für Jari?

J-ML:

Ja, also ich danke den Jungs. Sie alle spielen gut mit. Unter diesen Bedingungen ist es nicht einfach, derart zu kämpfen. Beide machen ebenfalls einen guten Job. Wie Kris sagte, moreg ist noch ein Tag zu meistern. Natürlich will ich gewinnen - dafür muss ich die volle Konzentration fokussieren. Nichts ist vorbei - bis zur Ziellinie.