Das Jahr 1982 in Deutschland: Helmut Kohl wird Bundeskanzler, Nicole gewinnt den Eurovision Song Contest und auch für die Rallye-Fans gibt es Grund zu jubeln. Die erste ADAC Rallye Deutschland geht an den Start – damals noch von Frankfurt aus. Der Premierensieg von Erwin Weber und Matthias Berg in einem Opel Ascona 400 war der Beginn einer Erfolgsgeschichte, die viele unvergessliche Anekdoten hervorgebracht hat. Kostprobe gefällig?
Typisch Röhrl: 1983 fuhren Walter Röhrl und Christian Geistdörfer im Lancia Rally 037 der Konkurrenz auf und davon. Doch was war das? Bei einer der letzten Wertungsprüfungen hatte das Duo plötzlich fünf Minuten Verspätung. Der Grund: Röhrl hatte seine Frau Monika unterwegs gesehen, angehalten und begrüßt. Soviel Zeit muss sein! Und die hatte er auch: Im Ziel lag Röhrl über 14 Minuten vor dem Zweitplatzierten.
Frauenpower: Im Jahr 1986 holte sich Michèle Mouton den Sieg in Deutschland. Bis heute ist die Französin die einzige Frau in der langen Siegerliste der ADAC Rallye Deutschland. Am Ende der insgesamt 307 Wertungskilometer hatten sie und ihr Beifahrer Terry Harryman im Peugeot 205 T16 knapp fünf Minuten Vorsprung und konnten 21 der 22 Wertungsprüfungen für sich entscheiden.
Mr. ADAC Rallye Deutschland: Man könnte meinen, dass der Titel des erfolgreichsten deutschen Starters bei der ADAC Rallye Deutschland natürlich an Walter Röhrl ginge. Doch weit gefehlt: Der „Lange“ gewann nur einmal – 1983. Dreimal war hingegen Dieter Depping im Ford Escort Cosworth siegreich (1994, 1996, 1997). Der Mann aus Hannover liegt damit nach Sébastien Loeb (9 Siege) und gemeinsam mit Sébastien Ogier (ebenfalls 3 Siege) auf dem zweiten Platz der ewigen Bestenliste der ADAC Rallye Deutschland.
Ordentlich durchgelüftet: 2001 hatte Armin Schwarz bei der ADAC Rallye Deutschland mit ungewöhnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen: Auf der dritten WP fiel ihm die Frontscheibe seines Škoda entgegen. Im Ziel der Prüfung drückten er und Co-Pilot Manni Hiemer die Scheibe komplett heraus und fuhren weiter. Durch den Winddruck dauerte es nicht lange, bis sich auch die Heckscheibe verabschiedete. Um bei vollem Durchzug noch den Aufschrieb lesen zu können, nahm Hiemer kurzerhand einem Streckenposten die Sonnenbrille ab. Armin Schwarz schnappte sich die Sonnenbrille eines anderen Marshals und weiter ging es volle Attacke. Ob es zu einer Rückgabe der Sehhilfen kam, ist nicht überliefert.
Endlich weltmeisterlich: 2002 trug die ADAC Rallye Deutschland erstmals das ersehnte WM-Prädikat. Maßgeblich daran beteiligt war Hermann Tomczyk. Der ADAC Sportpräsident, früher selbst aktiver Rallye-Sportler, wusste schon damals: Den WM-Status zu bekommen, ist eine Sache, ihn zu behalten eine ganz andere. Darum gab das Team um den damaligen Rallye-Leiter Armin Kohl gleich Vollgas und setzte neue Maßstäbe: Extra eingerichtete Zuschauerzonen mit Verpflegungsständen, Toiletten und Streckensprecher wurden bald WM-Standard. Ebenso das deutsche Zuschauerleitsystem, das Besuchern den Weg zu den Prüfungen wies. Das von Kohl eingeführte Safety Book mit seinen auf Luftbildern ausgewiesenen Sicherheitszonen gehört heute zum Anforderungskatalog aller WM-Läufe.
Bolide auf Weinlese: Die engen Winzergässchen in den Mosel-Weinbergen haben bei der ADAC Rallye Deutschland schon für so manch kuriosen Ausritt gesorgt. 2006 erwischte es Xavier Pons. Sein Beifahrer Carlos del Barrio verlor kurz die Orientierung beim Aufschrieb, Pons jedoch blieb auf dem Gas: Bis zur vierten Kurve ging der „Blindflug“ gut, dann landete der Citroën Xsara WRC in den Reben und schafft tatsächlich die Rückkehr auf die Strecke. Weiter ging’s behangen wie eine Weinkönigin!
Tortenschlacht mit dem Chef: Auch abseits der Strecke ist die ADAC Rallye Deutschland immer für emotionale Momente gut. Einer davon liegt noch gar nicht lange zurück: Der Abschied von Volkswagen Motorsportchef Jost Capito bei seiner deutschen Heim-Rallye 2016. Jari-Matti Latvala hatte eine besondere Überraschung, genauer gesagt eine Revanche für Capito parat, denn der hatte ihm bei der Rallye Schweden 2014 eine Torte ins Gesicht gedrückt. Das Gleiche tat Latvala nun mit Capito – allerdings soll er es laut Julien Ingrassia derart übertrieben haben, dass das Team kurzzeitig eine gebrochene Nase befürchtete.
Das längste Comeback: Die Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart der ADAC Rallye Deutschland schlägt eine ganz aktuelle Nachricht von Armin Kremer: Vor 18 Jahren hatte der deutsche Pilot die Rallye gewonnen. Und 2002, als der Lauf erstmals WM-Status hatte, trat der damals frisch gekürte Europameister in der Topklasse in einem von M-Sport entwickelten Ford Focus WRC an. 2017 gehört das deutsche Rallye-Ass erneut zum Kreis der Starter in der Topklasse und pilotiert einem Ford Fiesta WRC '17, das gleiche World Rally Car wie Weltmeister Sébastien Ogier. Respekt!