Dass er vor der Premierensaison der ADAC TCR Germany höchstens echten Motorsportexperten ein Begriff war, kümmerte Josh Files (25, Großbritannien, Target Competition) überhaupt nicht. Schnell machte sich der Mann aus Norwich einen Namen - mit seiner fehlerfreien und konstanten Leistung auf der Strecke und mit seiner offenen und lockeren Art abseits des Asphalts. Einem Doppelsieg zum Auftakt der Saison in Oschersleben ließ er in den folgenden Monaten vier weitere folgen - dass Files sich am Samstag in Hockenheim vorzeitig zum ersten Meister der ADAC TCR Germany kürte, war der verdiente Lohn.
"Ich bin überglücklich, ich kann es kaum glauben. Das ist der größte Erfolg in meiner Karriere", sagte der 25-Jährige, strahlte über das ganze Gesicht und schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf. In den letzten zwei Runden schossen im die Tränen in die Augen, er konnte und wollte sie nicht zurückhalten. "Ich habe mich so gefreut, das war schon sehr emotional", sagte er und ließ die Saison in Gedanken noch einmal Revue passieren.
Dass er die Saison im Seat Leon TCR begann und dann auf den Honda Civic TCR umstieg? Dass er einen Großteil der Strecken gar nicht kannte und ein echter Spätstarter in Sachen Motorsport ist? All das blendete Files in diesem Jahr aus, mit seinem Team Target Competition, das im vergangenen Jahr den Meister in der internationalen TCR-Serie gestellt hatte, fand der Brite auch bei schwierigen Bedingungen immer wieder Lösungen.
Files wurde von den beiden Target-Teamchefs Markus und Andreas Gummerer entdeckt, die den 25-Jährigen zunächst über einige Monate beobachteten und dann bereits wussten: "Das ist einer, mit dem wir die Meisterschaft gewinnen können." Files rechtfertigte das Vertrauen: "Mir geht es immer ums Gewinnen, mit zweiten Plätzen will ich mich gar nicht beschäftigen", sagte er.
Auch bei der Konkurrenz hinterließen Files' Vorstellungen Eindruck. "Wer am Ende des Jahres ganz oben steht, der hat es schlicht und einfach verdient. Er hat die meisten Punkte geholt, und Target hat das Maximum aus seinem Honda herausgeholt", sagte etwa Steve Kirsch (37, Chemnitz, Team Honda ADAC), mit dem sich Files im Laufe der Saison viele spannende Duelle auf der Strecke geliefert hatte. Auch Benjamin Leuchter (28, Duisburg, Racing One) sah im Gesamtpaket den Schlüssel zum Erfolg: "Guter Fahrer, gutes Auto, gutes Team. So einfach geht die Rechnung", sagte der 28-Jährige und meinte: "Ich habe die Target-Jungs und insbesondere Josh Files spätestens nach dem Auftakt in Oschersleben auf dem Schirm gehabt." Und für Harald Proczyk (40, Österreich, HP Racing) war ohnehin schon "länger klar, dass der Sieger am Ende Josh Files heißen wird".
Files selbst hatte den steigenden Druck und die erhöhten Erwartungen an seine Person immer von sich gewiesen. "Die Meisterschaft ist erst dann entschieden, wenn ich rechnerisch nicht mehr einholbar bin. Davor will ich mich damit nicht beschäftigen. Ich gehe Schritt für Schritt", hatte er stets betont. Passend zum Saisonfinale war sein Vater angereist, ansonsten hatte er versucht, die gewohnten und eingespielten Abläufe auch beim Finale durchzuspielen.
Im Gegensatz zu den meisten seiner Mitstreiter ist Files ein echter Spätstarter und erst seit etwa sechs Jahren im Motorsport aktiv. "Ich bin über meinen Vater zum Motorsport gekommen, aber ich selbst bin als Kind nie auf der Kartbahn gewesen", sagt Files, der sein Renndebüt 2010 gab. Zunächst war er erfolgreich im Thoroughbred Sports Car, seit 2011 dann im Renault Clio Cup in seiner Heimat.
Auch nach dem Wechsel in den Tourenwagensport Ende 2015 war er auf Anhieb schnell unterwegs. "Ich bin tief verbunden mit dem Motorsport, ich liebe Rennen und den Wettkampf", sagte der Brite, der außerdem als Fahrlehrer und Autohändler arbeitet "Ich stehe darauf, ein bisschen anders zu sein", sagt er lächelnd - der Erfolg gibt ihm recht.