Zum ersten Mal wurde 2021 eine Wertung für historische Fahrzeuge in der Deutschen Rallye-Meisterschaft ausgeschrieben. Die Premierensieger Andreas Dahms und Paul Schubert im Porträt.
Lancia Stratos, Ford Escort BDA, Opel Ascona 400, Porsche 911 oder Lancia Delta HF integrale – schon bei der Erwähnung dieser Fahrzeuge geht Rallyefans das Herz auf. Sie alle schrieben im Sport der Querfahrer Geschichte. Um diesen legendären Autos eine Startmöglichkeit in der Deutschen Rallye-Meisterschaft zu geben, wurde in dieser Saison erstmals eine Historic-Wertung für Fahrzeuge nach Anhang K eingeführt – also für mindestens 30 Jahre alte Rallyeautos, die dem zeitgenössischen Reglement entsprechen. Gewinner des Premierentitels wurden nach einem spannenden Kampf die Porsche-Piloten Andreas Dahms (57) und Paul Schubert (24) aus Schleswig-Holstein. Für beide ist es der bisher größte Erfolg im Motorsport: „Es ist schon etwas Besonderes einen nationalen Titel zu holen, vor allem wenn man der erste Sieger überhaupt ist. Was uns aber auch sehr gefreut hat, war unser Abschneiden im ADAC Rallye Masters“, so Dahms. „Wir sind Zweite in der NC1-Klasse geworden und haben dort nur um drei Zähler den Klassentitel verpasst. In der Gesamtwertung fehlten uns ebenfalls nur drei Punkte zum dritten Rang.“
Zweiter Anlauf im Rallyesport
Dahms bestritt 1984/85 erste Rallyes in einem BMW 02, musste aber nach kurzer Zeit wieder aufhören: „Ich musste zur Bundeswehr, dann kam die Gesellenzeit mit anschließender Meisterprüfung und die Übernahme meines jetzigen Betriebs. Da war es nicht möglich, Rallye zu fahren.“ Dahms machte sich seitdem mit seiner Firma einen Namen als Porsche-Spezialist mit einer Vorliebe für luftgekühlte Elfer. Dem Motorsport blieb er über viele Jahre durch den Motorrad-Enduro-Sport treu, anschließend nahm er regelmäßig an Trackdays teil. „Später habe ich am Rallye-Porsche vom Kai-Dieter Kölle Service gemacht, bis er mich fragte, ob ich auch mal fahren möchte.“ Bei einem Rallyesprint in Oschersleben im November 2014 gab Dahms schließlich in einem 911 von Kölle sein Comeback hinter dem Lenkrad. „Das war eigentlich eine totale Lachnummer“, blickt der Schleswig-Holsteiner zurück. Ein paar Monate später kehrt er zu einem weiteren Sprint auf den Kurs bei Magdeburg zurück und holt seinen ersten Sieg. Seitdem startet er regelmäßig bei Rallyes – ausnahmslos mit einem Porsche 911. Seinen bekannten grünen Carrera setzt Dahms seit Mitte 2016 ein – mit großem Erfolg: Bei Events in Niedersachsen und Schleswig-Holstein zählt er immer zu den Topfavoriten und fährt zahlreiche Top-Drei-Platzierungen in der Gesamtwertung eiNach einem Testeinsatz sitzt seit 2019 Paul Schubert als Co-Pilot an der Seite von Dahms. „Er hat mich einfach gefragt, ob er mal mitfahren kann“, blickt Dahms zurück. „Ich brauchte dann bei einer Rallye einen Beifahrer und habe ihn kontaktiert. Es hat – obwohl er ja keine Erfahrung als Co-Pilot hatte – gleich gut funktioniert.“ Schubert, der vorher Kartrennen und Autoslalom gefahren ist, ergänzt: „Wir haben seitdem natürlich viel an unserem Aufschrieb gearbeitet und uns inzwischen sehr gut aufeinander eingestellt. Es ist im Rallyesport immens wichtig, dass das nötige Vertrauen zwischen Fahrer und Beifahrer da ist.“
Herausforderung DRM
Als für 2021 erstmals in der Deutschen Rallye-Meisterschaft eine Wertung für historische Fahrzeuge ausgeschrieben wird, ist Dahms auf Anhieb begeistert. Mit seinem Carrera, Baujahr 1979, hat er das passende Auto. „Ich brauchte den Porsche nur minimal umzubauen, damit er dem Anhang K entspricht. Daher haben wir uns entschlossen, es einfach zu wagen und uns für die Historic-Wertung einzuschreiben.“ Für Dahms und Schubert bedeutet dies teilweise absolutes Neuland, denn den Großteil der DRM-Veranstaltungen kennen sie nur vom Hörensagen. „Andreas ist 2017 und 2018 schon mal bei der Rallye Stemweder Berg angetreten, 2020 sind wir zusammen bei der Cimbern-Rallye gefahren. Das war es aber auch schon. Alle anderen Läufe waren komplett neu“, sagt Paul Schubert.
Beim Saisonauftakt rund um das ostwestfälische Lübbecke holen Dahms/Schubert gleich den Debütsieg in der Historic-Wertung, bei der Saarland-Pfalz-Rallye werden sie trotz eines Reifenschadens wegen eines im Radkasten eingeklemmten Steins Zweite, ehe sie beim Heimspiel in Schleswig-Holstein, der Cimbern-Rallye, einen erneuten Sieg bei den historischen Fahrzeugen holen. Bei der bayerisch-österreichischen 3-Städte-Rallye fahren die Porsche-Piloten als drittbeste Anhang-K-Fahrer ins Ziel, ehe sie sich beim Saisonfinale, der Sachsen-Rallye, mit ihrem dritten Sieg den Titel sichern – nach einem spannenden Zweikampf über die Saison mit den ADAC Rallye Masters-Siegern Walter Gromöller/René Meier im Opel Ascona 400. „Es hat wirklich Spaß gemacht, gegen sie zu fahren, wir hatten einige schöne Duelle auf den Prüfungen“, so Dahms, der den Elfer in seinem Betrieb in der Nähe von Hamburg selbst vorbereitet. „Uns war klar, dass wir vor allem auf Zuverlässigkeit setzen mussten, um sie zu schlagen, denn ihr speziell für die Rallye-WM entwickelter Opel ist leistungsstärker und deutlich leichter als unser Porsche. Wir haben uns keine Fehler erlaubt und der Porsche war absolut zuverlässig.“
Highlights gab es für das Porsche-Duo während der Saison einige: „Es war toll, mal ganz neue Rallyes kennenzulernen, jede hatte ihre spezielle Charakteristik. Bei der Saarland-Pfalz oder der 3-Städte mussten wir erst mal das Berg-und Talfahren lernen und die Prüfungen der Sachsen-Rallye waren sehr schnell. Von der Leistung war sicher die Cimbern-Rallye unsere stärkste. Die Prüfungen dort entsprachen dem, was wir hier aus dem Norden gut kannten, aber auch die nassen Witterungsbedingungen kamen uns und unserem Auto sicher entgegen.“ Paul Schubert ergänzt: „Vor der letzten Prüfung lagen wir und Walter Gromöller nur wenige Sekunden auseinander. Wir hatten auf dem letzten Rundkurs dann auch mehrere Aha-Momente, aber es hat zur Bestzeit und zum Sieg gereicht.“
Inzwischen laufen die Planungen für 2022. „Wir würden gerne wieder in der Historic-Wertung antreten“, so Dahms. „Es ist ein tolles Konzept und mit den in diesem Jahr gemachten Erfahrungen sollten wir deutlich stärker aufgestellt sein.“ Und vielleicht kommt dann neben dem grünen Elfer noch ein anderer Porsche zum Einsatz: Aktuell baut Dahms einen zweiten Rallye-Porsche auf, der mehr technische Freiheiten ermöglicht.