DRM·12.7.2023

Martin Christ über Titel, Träume und Trabant

Martin Christ ist der aktuelle DRM2-Meister und will in diesem Jahr seinen Titel verteidigen. Außerdem erfüllt sich der 43-Jährige einen lang gehegten Wunsch und nimmt bei der Central European Rally an einem WM-Lauf teil. Im Interview berichtet er über die Entwicklung des Rallyesports und seine Pläne für die Zukunft.

Martin Christ und Lina Meter wollen die Titelverteidigung © Foto: ADAC

Was ist dein diesjähriges Saisonziel? Die Titelverteidigung ist mein Ziel und darauf liegt auch der volle Fokus. Ich denke, wir können es erneut schaffen, da wir kontinuierlich Punkte sammeln und clever an die Rallyes rangehen. Die erste Saisonhälfte lief für uns sehr gut. Wir waren stets vorne mit dabei und sammelten so wichtige Punkte für die Meisterschaft. Wenn wir uns darauf weiterhin konzentrieren, stehen wir auch am Ende ganz oben auf dem Treppchen.

Mit welchen Erwartungen reist du zur ADAC Saarland-Pfalz Rallye? Die Saarland-Pfalz Rallye ist grundsätzlich ein Lauf, der mir liegt. Im vergangenen Jahr führten wir das Klassement nach dem ersten Tag an, hatten aber leider im Laufe der Rallye ein Kupplungsproblem und sind am Ende nur Zweiter geworden. Insgesamt fuhr ich die Rallye bereits zweimal und konnte so etwas Erfahrung sammeln. Jedoch gibt es Kontrahenten, die hier seit zehn Jahren antreten und sich noch besser auskennen als ich. Trotzdem muss das Ziel sein, die Rallye zu gewinnen, wenn mir am Ende des Jahres wieder Meister werden wollen.

Inwieweit ist das Thema Erfahrung ein Erfolgsfaktor? Man lernt über die Jahre unheimlich viel und wird von Rallye zu Rallye immer routinierter. Außerdem wird man grundsätzlich etwas abgeklärter, was natürlich ein Vorteil ist. Als ich jünger war, habe ich immer Vollgas gegeben und alles auf eine Karte gesetzt. Entweder man gewann oder das Auto hat die Rallye nicht überstanden. Mit der Zeit wird man da reifer und erwachsener. Ich riskiere nicht mehr alles, nur um Erster zu werden. Manchmal reicht auch ein zweiter Platz, um am Ende der Saison den Titel mit nach Hause zu nehmen.

Was hat sich in den vergangenen 20 Jahren im Rallyesport verändert? Ziemlich viel! Es fängt schon bei der Arbeit mit dem Co-Piloten an: Heute benutzt man Apps und schaut sich Videos an. Die Vorbereitung ist eine vollkommen andere geworden. Früher konnte man mit kleinem Etat an den Läufen teilnehmen, weil das Leistungsniveau ein anderes war. Heute ist es so hochprofessionell, dass man mit dem damaligen Budget nicht mehr antreten könnte. Die Kosten für Fahrzeug, Treibstoff, Ersatzteile haben sich da deutlich verändert. Eins ist aber geblieben: Damals wie heute freuen wir uns immer, viele Fans an den Strecken zu sehen. Ich denke, das sollte auch die Aufgabe von allen Fahrern sein: Den Sport so attraktiv zu machen, dass immer Fans vor Ort sind.

Bei der DRM sitzt du in einem modernen Opel Corsa Rally4. Du bist aber auch schon Rallyes mit dem legendären Trabant gefahren. Was unterscheidet die beiden Fahrzeuge? Da gibt es zwar große Unterschiede, aber lustigerweise auch einige Gemeinsamkeiten. Der größte Unterschied ist die Leistung. Der Corsa hat über 200PS, während der Trabi mit etwa 70-80 PS auskommt. Außerdem hat sich die Arbeit am Set-Up verändert. Bei modernen Rallyefahrzeugen gibt es unzählige Einstellungsmöglichkeiten, um das Maximum aus dem Auto rauszuholen. Beim Trabant kann man die wenigen Anpassungen selbst vornehmen. Bei modernen Fahrzeugen wie dem Corsa holen wir uns den Support von professionellen Teams. Zudem gibt es bei den aktuellen Autos Assistenzsysteme wie eine Traktionskontrolle. Bei meinem Fahrstil bringt die aber keinen Vorteil, deshalb ist sie in der Regel nicht aktiviert.

Welchen Einfluss hat die neue Technik auf das Handling des Fahrzeugs? Durch die erhöhte Leistung ändert sich definitiv der Fahrstil. Damals hat man sich dreimal überlegt, wo und wie man bremst, da man immer so viel Schwung wie möglich durch die Kurve bringen wollte. Das war eine gute Schule für Rallyefahrer! Mit einem langsameren Auto lernt man, wie man am schnellsten durch jede Kurve kommt, denn das ist entscheidend, um im Rallyesport erfolgreich zu sein. Auf Schotter hat sich der Fahrstil allerdings nicht geändert. Was ich damals im Trabant gelernt habe, wende ich heute im Corsa noch genauso an.

Sieht man Martin Christ in der nächsten Saison in der Topklasse DRM? Wenn alles so klappt, wie wir uns das vorstellen und auch mit den Sponsoren alles passt, werden wir nächstes Jahr nicht mehr in einem 2WD Fahrzeug antreten. Mehr kann ich leider noch nicht verraten.

Welche Erwartungen hast du bei deiner Teilnahme an der Central European Rally in der WRC? Es ist ein großer Traum von mir, mit unserem Opel Corsa an der Central European Rally teilzunehmen. Ich wollte unbedingt bei einem Rallye-Weltmeisterschaftslauf mit dabei sein, um einmal dieses spezielle Feeling zu erleben. Es gibt deswegen keine konkreten Erwartungen in Bezug auf das Ergebnis, sondern ich möchte dieses Erlebnis einfach nur genießen.