In einer 9-teiligen Kolumne geben die MotoGP-Experten von ServusTV, Alex Hofmann, Stefan Bradl und Gustl Auinger, spannende Hintergrundinfos und interessante Einblicke in die Welt der MotoGP. Vor dem Großen Preis von Amerika spricht Gustl Auinger, MotoGP-Experte bei ServusTV, über das Márquez-Land Texas und die schleppende Entwicklung bei KTM.
Sechs Rennen, sechs Siege, sechs schnellste Runden, fünf Pole Positions. Geht man nach der Statistik, ist Marc Márquez in Texas nicht zu bezwingen. Und so wie der Bursche momentan drauf ist, wird es für die Konkurrenz auch sehr schwer. Aber: Unschlagbar ist niemand! Die langen Geraden des Circuit of the Americas schreien geradezu nach Leistung, doch sind auch Abschnitte drinnen, in denen es auf die Fahrbarkeit ankommt. Die Kräfteverhältnisse werden in Austin so bleiben wie bisher, Honda und Ducati sind derzeit das Maß aller Dinge. Yamaha und Suzuki müssen sich hingegen sehr anstrengen, denn sie haben eindeutig mit Topspeed-Problemen zu kämpfen.
Das oberösterreichische Team Red Bull KTM Factory Racing ist in den ersten zwei Rennen zwar jeweils mit beiden Motorrädern in die Punkteränge gefahren, doch dies würde ich ohnehin als Minimalziel einstufen. Offen gestanden bin ich mit der Entwicklung nicht ganz glücklich. Um einstellige Ergebnisse einzufahren, benötigt man derzeit leider die Hilfe der anderen. Es ist ganz logisch, dass die Schritte kleiner werden, je weiter man nach oben kommt. Doch habe ich den Eindruck, dass sich KTM nach der verblüffenden Premierensaison 2017 selbst fesselt. Warum ist die Aprilia plötzlich schneller? Sie verfügt ja nicht über die Motor-Power von KTM. Es kann also nur am Chassis liegen.
Obwohl die Mattighofner mit dem Privatteam Tech 3 nun vier Motorräder am Start haben, sind die gewünschten Lösungen noch nicht erreicht. Wann man das Level der Topteams erreichen wird, ist schwer absehbar. Freilich wird KTM besser, aber die anderen eben auch. Und langsam muss man die Konkurrenz mit den Entwicklungsschritten einholen, erst danach kann es auch ans Überholen auf der Strecke gehen. Vielleicht braucht es dazu neue Ideen oder weitere Techniker, um die Entwicklung entscheidend voranzutreiben.
Pol Espargaró ist seit der ersten Stunde Bestandteil des Teams und weiß genau, wie die Entwicklungsschritte bei KTM funktionieren. Johann Zarco zu holen war für ihn ein Signal, jetzt zeigen zu müssen, was in ihm steckt. Das hat ihm auch einen Schub gegeben, er kann mit Kompromissen sehr gut umgehen. Reifenflüsterer Zarco sieht sich hingegen mit einem ähnlichen Problem konfrontiert wie Jorge Lorenzo in den letzten zwei Jahren bei Ducati: Sein runder Fahrstil ist mit der KTM nicht zielführend, zuletzt sind ihm fast die Tränen in den Augen gestanden.
Die schnelle Strecke in den USA sollte der KTM jedenfalls entgegenkommen. Der Motor bringt ja einiges an Leistung mit und das Motorrad läuft auch sehr gut, wenn es in flüssige Kurven einmündet. Probleme bekommen sie eher bei engen, sehr drehenden Kurven, davon gibt es in Austin aber nicht viele. Diesmal könnte es also in Richtung Top 10 oder sogar noch weiter nach vorne gehen.
August "Gustl" Auinger ist die österreichische Motorrad-Legende schlechthin und Riding Coach des Red Bull Rookies Cup. In der neuen MotoGP-Saison analysiert er wieder als Experte für ServusTV die Rennen live aus der Boxengasse.