Sie sind begeisterter MotoGP Fan und wollen noch mehr über das Motorrad-Ereignis des Jahres erfahren, als Sie im TV ohnehin sehen können? Dann sind Sie hier genau richtig. In einer 9-teiligen Kolumne geben die MotoGP-Experten von ServusTV, Alex Hofmann, Stefan Bradl und Gustl Auinger, spannende Hintergrundinfos und interessante Einblicke in die Welt der MotoGP.
Für die MotoGP stellen die ersten drei Rennen mit drei verschiedenen Siegern auf drei unterschiedlichen Fabrikaten den perfekten Start in die Saison dar. Klar ist das Paket Honda-Márquez jenes, das es zu schlagen gilt. Derzeit steht der Weltmeister allerdings nur auf dem vierten Gesamtrang, in der Meisterschaft ist noch alles drinnen. Alles wird enger, alles schiebt sich zusammen, bessere und spannendere Voraussetzungen hätten wir uns nicht wünschen können.
Mit dem Europa-Auftakt in Jerez geht die Saison erst so richtig los. Nun kommen Strecken, die die Fahrer bestens kennen und auf denen sie permanent testen. Die Rennen auf dem Kernkontinent der MotoGP bedeuten mehr Stimmung, mehr Platz, eigene Motorhomes, größere Hospitality, schlicht ein höherer Wohlfühlfaktor. Schließlich ist es bei diesem anstrengenden Sport sehr wichtig, dass man auch seine Ruhephasen bekommt. 12 von 19 Rennen finden in Europa statt und speziell Spanien, das neben Jerez drei weitere Grand Prix austrägt, hat die wohl größte Affinität zu unserem Sport. Die ganze iberische Halbinsel wird auf Mopeds zur Strecke fahren, die Zuschauerzahlen dürften sich wieder in Richtung 80.000 bis 100.000 bewegen.
Zwar weisen auch die Amerikaner mit Legenden wie Kenny Roberts, Kevin Schwantz, Wayne Rainey und dem vor zwei Jahren verstorbenen Nicky Hayden eine lange Tradition und eine nach wie vor große Begeisterung auf, nachwuchsmäßig tut sich aber momentan nicht viel. Auch in Japan gibt es ein Faible für den Motorradrennsport, wie an den zahlreichen Herstellern zu sehen ist, mit Takaaki Nakagami stellt man derzeit aber nur einen Fahrer in der MotoGP. Doch vor zehn Jahren, bevor Valentino Rossi seine VR46-Akademie gründete, war die Situation in Italien nicht wesentlich anders. Es stellt sich immer die Frage, wie die verschiedenen Länder an den Sport herangehen bzw. wie sehr "Helikopter-Eltern" es zulassen, dass ihre Kinder die Knochen riskieren.
Die aktuellen Fahrer freuen sich jedenfalls auf die Europa-Rennen, u.a. weil sie besser kalkulieren können. Sie wissen, welche Strecken sie mögen und wie gut ihr Bike wo funktioniert. In Übersee sind den Teams oft die Hände gebunden. Wenn irgendetwas technisch nicht passt, kann man nicht sofort reagieren. Jetzt besteht die Möglichkeit, sich ein entsprechendes Teil quasi über Nacht einfliegen zu lassen, da alle Rennställe über Niederlassungen in Europa verfügen. Und nach Jerez kommen die Piloten besonders gern, der Kurs zählt zu den absoluten Fahrerstrecken - ohne lange Geraden, mit engen Haarnadeln und vielen schnellen Kurven. Hier ist Bike-Handling gefragt, die Power kann man hingegen nicht wirklich ausspielen.
Sportlich muss man beim Großen Preis von Spanien Marc Márquez wieder ganz oben auf der Rechnung haben. Doch auch wenn er mit gewohnter Leidenschaft fahren und die Passion der Fans in seiner Heimat spüren wird, dürfte er sich ein Sicherheitsnetz aufbauen und in Alarmbereitschaft sein. Ein weiterer Nuller wie zuletzt in Texas würde ihn mächtig unter Druck setzen. Álex Rins wird wiederum nach seinem Premierensieg in Austin extrem motiviert sein und langsam dürfte auch Jorge Lorenzo aufwachen. Er hat sicher die letzen Wochen genutzt, um weiter an seiner Fitness zu arbeiten. Generell haben wir ein sehr breites Feld an Favoriten. Für Dovizioso, Rossi, Viñales und Rins wird es womöglich sogar leichter, wenn sie merken, dass Márquez ein bisschen auf der Bremse steht.
Alex Hofmann ist ehemaliger deutscher Motorradrennfahrer und TV-Moderator. In der neuen MotoGP-Saison berichtet er wieder als Experte und Kommentator für ServusTV live aus der Boxengasse.