Am 2. Mai 1954 wurde im Rahmen der ADAC Hauptversammlung in Stuttgart die ADAC Straßenwacht in Dienst gestellt. 60 Gespanne hatten sich für diesen Festakt vor dem Schloss Solitude aufgereiht, darunter auch Gespanne der europäischen Partnerclubs.
Das hier gezeigte Gespann mit der internen Fahrzeugnummer 59 war bei diesem Festakt noch nicht dabei. Die Maschine wurde erst einige Wochen später, am 23.07.1954 unter dem Besatzungskennzeichen AB-99-2963 erstmals auf den ADAC zugelassen. Erster Einsatztag der Maschine ist der 06.08.1954: Nach erfolgreicher Absolvierung des Einführungslehrganges übernimmt der Fahrer Franz Otto (Eintrittsdatum in den ADAC: 25.07.1954) bei einem Tachostand von 25 km das Gespann mit der Nummer 59 und überführt es in seine Heimat Sittensen. Von dort aus patrouilliert er Tag für Tag auf der A1 zwischen Hamburg und Bremen. Bereits am 13.11.1958 hat er die enorme Kilometerleistung von 165.620 km erreicht. Der Motor der Zündapp wird an diesem Tag zur Überholung ausgebaut und durch ein Tauschaggregat ersetzt.
Am 17.01.1962 nach weiteren 107.704 km wird auch der zweite Motor als überholungsbedürftig angesehen und ausgebaut. Am 22.01.1962 wird schließlich der dritte und aktuell montierte Motor mit der Nummer 552403 verbaut. Mit einer Gesamtlaufleistung von 316.919! km wird das Gespann dann 29.05.1963 außer Dienst gestellt und von Sittensen nach München rückgeführt, wo die Maschine die nächsten zehn Jahre aufbewahrt wird. 1974 entschließt man sich, das Gespann zu restaurieren und transportiert es nach Hamburg. Dort wird das Fahrzeug durch die Straßenwachtfahrer Günther Schreier und Wolfgang „Charly“ Ridzewski unter Anleitung von Franz Otto, dem ehemaligen Fahrer dieses Gespannes, der zwischenzeitlich zum Inspektor aufgestiegenen war, restauriert.
Gerhard Pape, der Regionalleiter Nord meldet am 26.01.1976 die Fertigstellung des Gespannes nach München. Dort ziert das Fahrzeug dann die nächsten vier Jahre die Empfangshalle der ADAC Hauptverwaltung in München. Danach wird die Zündapp bis 1989 dem Automuseum Adlkofen zur Verfügung gestellt, und geht schließlich bis 1996 als Leihgabe an den ADAC Südbaden e.V. Danach wechselt die Maschine zum ADAC Nordbaden e.V., bevor sie 2017 nach München zurückgeholt wird. Arg mitgenommen und ihrer Einbauten und Ausrüstung beraubt, macht das Motorrad einen eher jämmerlichen Eindruck. Leicht aufgehübscht, darf das Motorrad 2017 noch als Ausstellungsstück an den Feierlichkeiten anlässlich des 100-jährigen Gründungsjubiläums der Fa. Zündapp in Sigmaringen beiwohnen. 2019 wird die Maschine der Fa. Keckeisen aus Heimatshausen anvertraut, wo im ersten Schritt der Beiwagen demontiert, das Windschild blechmäßig instandgesetzt, und im Anschluss daran, die Technik Stück für Stück instandgesetzt wird.
Die Schreinerei Huber aus München, die seit jeher die Holzeinbauten für die Straßenwachtfahrzeuge des ADAC liefert, fertigt im Mai 2022 die fehlenden Holzteile gemäß den noch erhaltenen Einbauten des Gespannes mit der Nummer 63 (BMW R67/2) nach.
Bei der Firma Fa. Meyer Autodienst in Schwäbisch Hall werden parallel die originalen Schriftzüge freigelegt, deren Konturen penibel abgenommen und der originale Gelbton nachgemischt, bis keinerlei Abweichung mehr erkennbar ist. Im Anschluss daran folgen die Blecharbeiten am Beiwagen und Lackierung von Beiwagen und Windschild. Nach Abschluss der Lackierarbeiten, werden die Schriftzüge mithilfe der vorher erstellten Schablonen originalgetreu aufgebracht und die die Teile nach Heimatshausen verbracht, wo Hans Keckeisen das Gespann wieder komplettiert.
Am 23.02.2023 kann dann das frisch restaurierte Gespann auf der Retro Classics in Stuttgart erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden. Optisch perfekt wiederhergestellt, fehlen jetzt noch sämtliche Beschläge der Holzeinbauten und die komplette Ausrüstung. Aber auch hier werden wir nicht ruhen, bis die Maschine wieder bis ins letzte Detail so parat steht, wie sie damals in Dienst gestellt wurde.
Übrigens war die Flotte der Straßenwacht ursprünglich noch annähernd paritätisch zwischen NSU, BMW und Zündapp aufgeteilt.
Zündapp hatte jedoch enorme finanzielle Mittel in die Entwicklung des Janus investiert und musste in der Konsequenz, um einen Konkurs vorzubeugen, das Werk in Nürnberg an Bosch verkaufen. Die Montagelinien für die Viertaktmodelle waren damit verloren und die Produktion in München beschränkte sich fortan auf Zweitaktfahrzeuge.
Durch die Produktionseinstellung von Konsul und KS 601, hatten NSU und Zündapp dem vormaligen Konkurrenten BMW damit das Feld quasi kampflos überlassen.