Mit acht Siegen und 326 Punkten hat sich Larry ten Voorde (Team GP Elite) zum Champion 2021 im Porsche Carrera Cup Deutschland gekrönt. Dem Niederländer gelang damit die direkte Titelverteidigung – das schaffte zuvor nur der Österreicher Philipp Eng (2014 und 2015).
Im Interview verrät ten Voorde unter anderem seine persönlichen Saison-Highlights, warum die schwierigste Phase seiner Karriere gleichzeitig die wichtigste war und wie er sich seit seinem ersten Rennen im Porsche Carrera Cup Deutschland 2017 verändert hat. Larry ten Voorde spricht über…
… den Titel im Porsche Carrera Cup Deutschland 2021: Das war eine harte Saison, der Gesamtsieg macht mich überglücklich. Im entscheidenden Rennen habe ich mich bis kurz vor Schluss voll auf meine Leistung konzentriert, aber als ich um die letzte Kurve gefahren bin und mein Team gesehen habe, kamen die Emotionen durch. Den Titel sowohl im Porsche Carrera Cup Deutschland als auch den Porsche Mobil 1 Supercup je zweimal in Folge zu gewinnen, ist zuvor noch niemandem gelungen. Wenn man bedenkt, wie viele großartige Fahrer in diesen Serien gestartet sind, macht mich das sehr stolz.
… seine persönlichen Saison-Highlights: Dazu zählt auf jeden Fall mein erster Saisonsieg im neuen Porsche 911 GT3 Cup beim Saisonauftakt in Spa. Zu meinen persönlichen Höhepunkten gehört auch der Heimsieg in Zandvoort. In einer der beiden neuen Steilkurven konnte ich Rudy van Buren überholen. Außerdem war meine Familie mit dabei, das war ein großartiges Wochenende.
… seine Konkurrenten: Über die Saison waren Ayhancan Güven und Laurin Heinrich meine größten Konkurrenten. Vor beiden habe ich großen Respekt. Laurin hatte ein starkes Jahr im Porsche Carrera Cup, fährt clever und hat eine große Zukunft vor sich. Ayhancan hat ein richtiges Kämpferherz und gibt alles für ein Top-Ergebnis. Er ist definitiv einer der stärksten Konkurrenten, die ich bisher in meiner Karriere hatte.
… den neuen Porsche 911 GT3 Cup: Wir treten alle mit dem gleichen Fahrzeug an, das macht den Reiz im Carrera Cup aus. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, am Setup zu arbeiten. Beispielsweise beim Luftdruck oder der Position des Heckflügels. Die Herausforderung besteht darin, die optimalen Einstellungen für die Strecke in Kombination mit dem eigenen Fahrstil zu finden. An einigen Wochenenden hat das bei mir super funktioniert, an anderen nicht ganz so perfekt. Das ist ein Prozess, der über eine ganze Saison läuft.
… die ersten Momente im neuen Cup-Fahrzeug: Das war beim Auslieferungsevent im März auf dem Nürburgring. Ich hatte direkt ein gutes Gefühl. Das Auto verfügt über deutlich mehr Aerodynamik, wodurch man in Kurven mit höherer Geschwindigkeit fahren kann. Aus meiner Sicht ist das ein Vorteil für Neueinsteiger und man hat über die Saison auch gesehen, dass die Rundenzeiten der ersten zehn bis 15 Fahrer oft sehr eng beieinander lagen. Allerdings sind Überholmanöver eine größere Herausforderung, weil im Windschatten die Aerodynamik etwas nachlässt und daher der Fahrer mehr gefordert wird.
… seine Entwicklung im Vergleich zu seiner Debütsaison 2017: Ich bin auf jeden Fall erwachsender geworden. In meiner ersten Saison hatte ich sehr viel Feuer in mir, manchmal war ich vielleicht etwas übermotiviert. Allerdings kann man die Situation nicht mit der heutigen vergleichen. Ich hatte wenig Budget und wusste teilweise gar nicht, ob ich am nächsten Rennwochenende überhaupt wieder im Cockpit sitzen werde. Daher hätte jedes Rennen die letzte Chance gewesen sein können, mich zu präsentieren und mein Talent zu zeigen. Den Druck habe ich gespürt. Ich würde sagen, dass ich heute eine gute Balance zwischen mutiger und cleverer Fahrweise gefunden hab.
… die schwierigste Phase seiner Karriere: In den Jahren 2014 und 2015 konnte ich mangels Budget keinen Motorsport betreiben. Trotzdem habe ich in der Zeit nicht aufgegeben und in Zandvoort an der Strecke Autos gewaschen, bei Fahrsicherheitstrainings geholfen oder Kaffee verkauft. Ich wollte einfach weiter mit dem Motorsport verbunden bleiben. Rückblickend war es die wichtigste Phase meiner Karriere. In dieser Zeit ist mir klar geworden, dass ich auf jeden Fall Rennfahrer werden möchte und dafür alles geben werde. Über den Porsche Sports Cup Deutschland bin ich 2016 zurück in den Motorsport gekommen und wurde dort direkt Champion.
… Motorsport in den Niederlanden: Mit Formel-E-Champion Nyck de Vries oder auch Formel-1-Pilot Max Verstappen kommen zwei der aktuell erfolgreichsten Rennfahrer aus den Niederlanden. Motorsport erfährt in den Niederlanden momentan eine riesige Beliebtheit, was zum großen Teil natürlich an Max Verstappen liegt. Das Formel-1-Rennen in Zandvoort mit den vielen Zuschauern war großartig und hat gezeigt, mit wie viel Leidenschaft die Menschen in den Niederlanden Motorsport verfolgen.
… einen Carrera-Cup-Fahrer, den er gern herausfordern würde: Auf jeden Fall Michael Ammermüller, wobei wir in der Vergangenheit schon mehrere Saisons gegeneinander gefahren sind. Ich bin damals als Rookie neu in den Porsche Carrera Cup Deutschland gekommen. Michael war dagegen ein Routinier, von dem ich mir auch viel abschauen konnte. Er hat dreimal in Folge den Porsche Mobil 1 Supercup gewonnen und danach den Titel im ADAC GT Masters geholt. Davor habe ich großen Respekt.
… Rituale vor den Rennen: Seit einiger Zeit gehören Meditation und Schattenboxen fest zu meinen Abläufen vor den Rennen. Dafür hatte ich diese Saison auch einen Personal-Trainer dabei. Meditieren tue ich sogar täglich. Manchmal nehme ich mir dafür am Tag ein paar Minuten, teilweise aber auch eine halbe Stunde. Mir persönlich hat das sehr geholfen, ruhiger zu werden und eine bessere Balance zu finden. Das hat man auch auf der Rennstrecke gesehen.
… Vorbilder in seiner Kindheit: Damals auf jeden Fall Kimi Räikkönen, heute sind es Max Verstappen und Lewis Hamilton. Beide mussten sich ihre Erfolge hart erkämpfen, das finde ich beeindruckend. Mit Max Verstappen fahre ich als Simracer gemeinsam im Team Redline. Teilweise gibt er uns mitten in der Nacht noch Feedback für bessere Setup-Einstellungen im Simulator. Er nimmt jede Herausforderung an. Genau das gefällt mir so an ihm.
… die Unterschiede zwischen einem Titelgewinn und einer Titelverteidigung: Einen Erfolg zu verteidigen, ist aus meiner Sicht nochmal ein anderes Level. Du musst konstant dein Niveau bestätigen und bist für alle anderen immer die Benchmark. Diese Saison war ich sowohl im Porsche Carrera Cup Deutschland als auch im Porsche Mobil 1 Supercup der Gejagte. Das ist ein anderer Druck, aber mir hat diese Rolle richtig gut gefallen.
… Ziele für die Zukunft: Ich möchte weitere Titel holen, am liebsten bei Langstreckenrennen. In Le Mans, Dubai oder Daytona die 24-Stunden-Rennen zu gewinnen, wäre ein Traum. Allgemein reizt mich der Motorsport in den USA. Anfang Oktober war ich als Coach auf dem Virginia International Raceway in der Nähe von Danville. Die Menschen dort leben den Motorsport unglaublich emotional, das finde ich faszinierend.