Prototype Cup Germany·18.10.2022

Oscar Tunjo: Über Umwege in den Prototypen-Sport

Der Kolumbianer war einst im Juniorprogramm des Formel-1-Teams Lotus. Über den GT3-Sport kam er in den Prototype Cup Germany. Deutschland ist seit 2017 die Basis des Südamerikaners.

Als Vierter am Nürburgring über die Ziellinie, aber als Dritter auf dem Podium, weil ein Gaststarter vor ihnen lag: Oscar Tunjo (links) und Mateo Villagomez. Später am Lausitzring, kamen sie als Zweite ins Ziel. © Foto: ADAC

Erst zum zweiten Rennwochenende kam Rinaldi Racing mit den beiden Fahrern Oscar Tunjo und Mateo Villagomez in den Prototype Cup Germany, doch die beiden Südamerikaner schafften mit ihrem Duqueine schon eine Zielankunft in den Top 3. Der Ecuadorianer Villagomez ist 20 Jahre alt, sein Teamkollege Tunjo kommt aus Kolumbien und ist sechs Jahre älter. Obwohl neu in der LMP3-Szene, hat er bereits viel Erfahrung im Formel- und GT3-Sport gesammelt.

Oscar Tunjo teilt den Duqueine von Rinaldi Racing mit Mateo Villagomez. © Foto: ADAC

Tunjo begann klassisch im Kartsport und wechselte 2010 in die Formula BMW Pacific, wo er in der Endabrechnung den zweiten Platz belegte. Schon damals fuhr er gegen Axcil Jefferies, der heute im Prototype Cup Germany eine Ginetta von Konrad Motorsport pilotiert. 2011 wagte Tunjo den Schritt nach Europa und bestritt diverse Formel-Renault-Meisterschaften. Dank seiner guten Resultate wurde er in den Juniorkader des Formel-1-Teams Lotus aufgenommen, in dem unter anderem der heutige Formel-1-Pilot Esteban Ocon gefördert wurde. Nach drei Jahren in der Formel Renault war er 2014 bereit für den Aufstieg in die FIA Formel-3-Europameisterschaft, aber der geplante Einstieg fand nie statt. „Ich sollte für Signature fahren, die bei ihrem Formel-3-Comeback nach zwei Jahren Pause einen neuen Renault-Motor einsetzen wollten. Doch schon während der Pre-Season-Tests war klar, dass der Motor nicht konkurrenzfähig ist – allein auf der kurzen Geraden des Hungarorings waren wir 18 km/h langsamer als die Konkurrenz“, erinnert sich der Kolumbianer, der noch vor Beginn der Saison 2014 die Reißleine zog. Doch viel Auswahl hatte er damals nicht. „Ich wurde zu der Zeit von Renault Kolumbien gefördert, deshalb bin ich in die Formel Renault 3.5 gegangen.“ Es folgten noch Einsätze in der GP3, bevor er Ende 2016 den Formel-Sport verlassen musste. „Ich hatte damals zwar einige Sponsoren, aber die konnten mich jeweils nur mit einem relativ kleinen Betrag unterstützen. Somit wurde es für mich immer schwieriger, das nötige Budget zu finden.“

Oscar Tunjo kam über den Formelsport und GT3 zum Prototype Cup Germany. © Foto: ADAC

Doch der Abschied aus dem Formel-Sport sollte nicht das endgültige Ende seiner Rennsport-Ambitionen bedeuten. „José Balbiani, ein Freund aus Argentinien, lud mich ein, die deutsche Spezial Tourenwagen Trophy zu bestreiten. Damals bin ich zum ersten Mal einen GT3-Renner gefahren und konnte die STT auf Anhieb gewinnen“, so Tunjo, der insbesondere Alfredo Sesana dankte. „Er hatte mich damals finanziell unterstützt und damit meine Karriere gerettet.“ Weitere Stationen in der GT3 waren das ADAC GT Masters, die GT World Challenge Europe mit Sprint und Langstrecke sowie die ELMS. Siege feierte er insbesondere in der Sprint-Variante der GT World Challenge Europe. „Ich war zwar auf Anhieb schnell in einem GT3-Fahrzeug, aber ich musste zunächst lernen, geduldiger zu sein und auch mit dem höheren Gewicht des Autos umzugehen“, beschreibt er die größten Schwierigkeiten bei der Umstellung auf den GT3-Boliden.

Dass Tunjo einst im Formel-Sport groß geworden ist, daran erinnerte sich nun Teamchef Michele Rinaldi, als er den Kolumbianer zum Test in seinem LMP3 einlud. Und der Rennfahrer war auf Anhieb begeistert. „Die Prototypen passen besser zu meinem Fahrstil als die GT3-Fahrzeuge, denn ich mag viel Downforce, spätes Bremsen und Attackieren in den Kurven. Ich muss auch ehrlich zugeben, dass meine Formel-Erfahrung mir bei der Umstellung sehr geholfen hat.“ Und noch ein anderer Grund macht ihn zum Fan der LMP3: „Ich glaube, dass ein guter Fahrer im Prototypen einen größeren Unterschied machen kann als in einem GT3.“

Für die Zukunft peilt er nun ein Engagement im LMP-Bereich an, nachdem er in diesem Jahr noch ein Parallelprogramm mit LMP3 und GT3 absolviert. „Ich würde in der kommenden Saison sehr gerne im Prototype Cup Germany bleiben, denn ich denke, dass das sportliche Niveau im Vergleich zu anderen LMP3-Serien sehr hoch ist. Außerdem ist die Kombination mit dem ADAC GT Mastern an einem Rennwochenende toll. Ich sehe viel Potenzial und denke, dass sich der Prototype Cup Germany sehr bald sehr gut entwickeln wird“, so Tunjo, der seit 2017 in Adenau wohnt und sich in Deutschland zu Hause fühlt.